Sikandarabad — Gwalior, 27. und 28. Jänner 1893

Von der Station Sikandarabad legten wir bis Dhond dieselbe Strecke zurück, welche wir auf der Fahrt von Bombay nach Haidarabad durchmessen hatten. Von Dhond an benützten wir die Dhond-Manmar State Railway, welche in der Station Manmar wieder in die nordöstliche Great Indian Peninsula Railway mündet. Die Kreuzungsstation Manmar verlassend, zieht sich die Eisenbahn bis Itarsi in nordöstlicher Richtung; hier zweigt die nach Bhopal führende Linie in nordwestlicher Richtung ab.

Wir scheiden aus dem „Südland“ Dekhan und treten in Central-Indien ein. Knapp hinter dem Kreuzungspunkt Bhusawal, wo die direkte Linie via Nagpur nach Calcutta abzweigt, übersetzen wir auf einer großen Brücke den Fluss Tapti, dessen Mittellauf durch eigentümliche Hügelformation, enge Defiles und durch Basalt charakterisiert ist. Durch coupiertes, zum Teil wildes und wildreiches Terrain weiterfahrend, erreichen wir Khandwa und durchkreuzen bei Harda die Weizenregion der südlich von dem Narbadafluss gelegenen Ebene. Bei Itarsi nordwestlich auf die Strecke der Indian Midland Railway ablenkend, überschreitet die Bahn das enge felsige Strombett der Narbada — diese fließt der nördlich von ihr streichenden Vindhyakette entlang — und tritt nach Überquerung dieser Kette in das durchschnittlich 500 m hohe Malwa-Plateau ein. In diesem liegen bereits die Station Dhip und Bhopal selbst.

So interessant auch die geologische Formation der durchquerten Gebiete, ihre Fauna und Flora sein mögen, dem Eisenbahn-Reisenden tritt hier nur Hügelland entgegen, auf dem dichte Dschungel mit Teak-Wäldern abwechseln. Hier finden sich Spuren einer regelmäßigen Forstcultur, da man Teak-Bäume, die vorzügliches Nutzholz liefern, als Heister gepflanzt erblickt und in allen Stationen große Vorräte behauener Stämme für den Export bereit liegen.

Der Schienenstrang durchschneidet im Tafelland von Malwa eine fruchtbare Fläche: das nun wieder völlig angetragene Bett jenes gewaltigen Wasserbeckens, welches einst der Radscha Bhodsch von Udschain durch Errichtung eines grandiosen Dammes hergestellt hat. Auf diesen Damm Bhodsch-pal — Damm heißt in der Hindusprache pal, der Erbauer dieses Dammes ist eben Bhodsch gewesen — wird der Name der Stadt Bhopal zurückgeführt.

Bhopal, die nächste Station, ist der Hauptort des gleichnamigen Reiches. Dieses, einer der acht einheimischen Staaten auf dem Plateau von Malwa, untersteht — Frauenemanzipation auf dem Thron — der Fürstin Schäh Dschahan Begum, der Tochter und seit 1868 der Nachfolgerin der tatkräftigen Sikandar Begum (1847 bis 1868). Die Fürstin wird als kluge und verständige Frau gerühmt; sie bewohnt einen 5 km von der Bahnstation entfernten, ausgedehnten Palast.
Von Bhopal geht die Bahn über Bhilsa, das insbesondere durch die »Bhilsa topes« — künstliche halbkugelförmige Hügel bei Santschi. buddhistische Grabstätten — bekannt ist. Der größte dieser aus Ziegeln und Steinen aufgemauerten Dome hat 36 m im Durchmesser und eine Höhe von 14 m.

An der Kreuzungsstation Dschansi (Jhansi) betreten wir den Boden der Landschaft Bundelkhand, berühmt nicht nur durch ihren Reichtum an Diamanten, sondern noch weit mehr durch die jahrhundertelangen Kämpfe, welche sich um die Oberherrschaft über dieses Gebiet entsponnen und erst im Jahre 1858 durch die Eroberung der Felsenfestung Dschansi seitens der Engländer ihr Ende gefunden haben.

Links

  • Ort: Jhansi, Indien
  • ANNO – am 27.01.1893 und 28.01.1893 in Österreichs Presse, Kaiserin Elisabeth hat Spanien mittlerweile wieder verlassen. In Cadiz bestieg sie einen Dampfer Richtung Gibraltar. Der Aufenthalt in Spanien war sehr „genussreich“. Die Stadt Wien hat als Hochzeitsgeschenk für Franz Ferdinands Schwester eine Miniaturversion des Donnerbrunnens in Silber ausgewählt. Der Krise in Frankreich wird eine weitere Seite gewidmet. Zum Geburtstag des deutschen Kaisers hat der Kaiser mit dem deutschen Botschafter diniert.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater führt am 27, das Schauspiel „Der verarmte Edelmann“ und am 28. das Trauerspiel „Narciss“ auf, während das k.u.k Hof-Operntheater am 27. Mozarts „Zauberflöte“ und am 28. anstelle des wegen Heiserkeit ausgefallenen „Othello“ wieder einmal die „Cavalleria Rusticana“ gibt.

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