Black Mountain — Shingle Creek, 14. Sept. 1893

Infolge der stürmischen, kalten und im Freien verbrachten Nacht hatte sich meine Erkältung wieder verschlimmert, und ich musste daher über Zureden meiner Herren mit schwerem Herzen den Befehl zum Rückmarsch geben; denn hier wäre in der Tat keines längeren Bleibens gewesen. Wir hätten eigentlich noch zwei Tage auf dem Black Mountain verweilen sollen, und ich wollte insbesondere noch eine mit Charley besprochene Pürsche auf einem weiter entfernten, felsigen Berge unternehmen; aber ich glaube selbst, dass ich dies in meinem Zustand nicht zu leisten vermocht hätte. So ging es denn wieder zurück nach dem Shingle Creek; ich beabsichtigte mit Wurmbrand längs des Weges hinabzupürschen, während Clam auf dem einen, Imhof und Prónay auf dem anderen der nebenliegenden Höhenzüge ins Tal gelangen sollten. Langsam kamen wir talab, bis sich der Steig teilte und Charley erklärte, dass ich besser täte, mit ihm den bequemeren nach links abzweigenden Weg zu reiten, wogegen Wurmbrand und die Jäger, welche die Gewehre trugen und zu Fuß gingen, den zweiten Pfad, der sich ohnehin bald wieder mit unserem vereinige, einschlagen könnten.

In einer unbekannten, wilden Gegend soll man sich nie von den Gefährten, vor allem aber nicht von seinem Gewehr trennen, was sich auch diesmal bewahrheitete; denn von einer Wiedervereinigung der Steige war keine Rede, der Indianer führte mich über die unglaublichsten Hänge und Leiten, so dass ich die Geschicklichkeit meines Falben bewundern musste. Alsbald trafen wir auch auf Hochwild, ich hatte aber kein Gewehr, alles Rufen nach Wurmbrand und den Jägern war vergebens; zum Überfluss setzten sich im weiteren Verlauf dieser gewehrlosen Pürsche zwölf Grouse auf wenige Schritte vor mich hin, um mich erstaunt anzuäugen. Jetzt riss mir die Geduld völlig und befahl ich Charley in nicht sehr zartem Ton, mich so rasch als möglich zum Lagerplatz im Shingle Creek zu bringen, wo ich Wurmbrand, der führerlos ebenfalls einige Irrwege eingeschlagen hatte, bereits vorfand.

Als der Train erschien, wurde mit dem Aufschlagen des Lagers begonnen; in längeren Intervallen trafen zuerst Imhof und Prónay mit einigen Grouse und dann Clam mit einem erlegten Mule-Tier ein.

Um die besondere Dummheit der Grouse zu schildern, sei noch erwähnt, dass die mit dem Train reitenden Indianer mit ihren Stöcken von den Pferden herab einige Grouse erschlagen konnten.

Das Kochen nahm uns wieder vollauf in Anspruch, und wir stellten mit gemeinsamen Kräften ein herrliches Mahl von sechs Gängen zusammen, das uns in dieser Wildnis besser schmeckte als das feinste Diner von Sacher. Außer den Konserven stand noch frisches, in allen möglichen Formen zubereitetes Wild, namentlich aber Grouse zu Gebot, die noch schmackhafter munden als unsere Haselhühner. Da ich es meinerseits in der edlen Kochkunst noch nicht sehr weit gebracht habe, wurde ich hauptsächlich zum Rupfen der Grouse und zur Verfassung eines stilgerechten französischen Menus verwendet, während Imhof sich als Küchenchef vorzüglich bewährte. Bei einem großen Feuer, das wir mit mächtigen Klötzen gefällter Balsam-Tannen unterhielten, wurde der Abend recht angenehm verbracht. Hodek musste sich als Declamator produzieren, und auch manche Jagdgeschichte aus den heimatlichen Gefilden regte uns an. Die Nacht war nicht so kalt wie die auf dem Black Mountain verbrachte.

Links

  • Ort: Penticton, Kanada
  • ANNO – am 14.09.1893 in Österreichs Presse.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater macht Sommerpause bis zum 15. September, während das k.u.k. Hof-Operntheater die Oper „Die Rantzau“ aufführt.

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