Haidarabad, 26. Jänner 1893

Nach den zahlreichen Festlichkeiten der vorangegangenen Tage sollte der heutige Vormittag der Jagd gewidmet sein. Bei Morgengrauen verließen wir unter Führung des Majors Alfsar Dschang in einer großen Coach Baschir Bagh, um die Haidarabad umgebende Ebene, das Jagdterrain des Nisams, zu erreichen.

Die erste Jagdbeute, die mir schon unterwegs zufiel, waren einige der fliegenden Hunde, die wir zu Tausenden auf den Bäumen vor dem Palast des englischen Residenten hängen sahen. Generalkonsul Stockinger übernahm die Mission, die Insassen des Palastes von dem bevorstehenden Schießen zu verständigen, damit diese nicht erschräken oder gar an den Ausbruch einer Revolution glaubten. Ich schoss vier fliegende Hunde herab, worauf die gesamte Schar lebendig wurde; der Schwarm hob sich und kreischend flatterten die Tiere wie Gespenster über unseren Köpfen umher.

Auf dem Jagdplatz, — bei Sarur Nagar — der ungefähr 10 km von der Stadt entfernt war, erwarteten uns die Jagd-Geparden, Tschitä genannt, mit denen wir jagen sollten, mehrere Falkenjäger und unsere Reitpferde. Nach langwieriger Besprechung und vielem Geschrei wurde beschlossen, zuerst mit Falken zu jagen. In Ermangelung anderen Wildes, welches erst hätte aufgesucht werden müssen, wurde einem kurz zuvor gefangenen Storch die Freiheit geschenkt und, nachdem dieser einige Zeit gestrichen, der Falke lanciert. Wir galoppierten rasch hinterdrein und sahen nach wenigen Minuten, dass der Falke auf den Storch stieß und mit ihm aus der Luft zu Boden stürzte. Das Ganze war das Werk eines Augenblickes. Ein zweiter Storch wollte durchaus nicht fliegen; wilde Reiher zeigten sich nicht und so musste denn die Beize abgebrochen werden.

Nun kamen die Geparden an die Reihe, deren wir zwei hatten und die mit verbundenen Lichtern auf einem kleinen, von Ochsen gezogenen Karren lagen. Wir ritten hinter dem Karren her, bis man in der Ferne ein Rudel Black-bucks entdeckt hatte, unter denen sich zwei starke Böcke befanden. Wir Reiter blieben nun etwas zurück, während die Schikäris mit einem Geparden in schräger Richtung an die ganz vertraut äsenden Antilopen anfuhren. Da, auf ungefähr 100 Schritte, wird das Kahlwild flüchtig, doch sind die beiden Böcke noch näher anzupürschen. Endlich, als der Wagen auf 80 Schritte herangekommen ist, reißen sie aus. aber im selben Moment zieht ein Schikäri dem Geparden die Binde von den Lichtern und löst ihn; in einem Riesensprung setzt dieser vom Karren herab und verfolgt mit hoch erhobener Rute den einen der Black-bucks, der sich von seinem Gefährten getrennt hatte. Der Verfolgte, die Gefahr erkennend, eilt in voller Flucht dahin, doch vergebens; denn nach wenigen Sprüngen schon sitzt der Gepard auf dem Rücken des Bockes, reißt ihn nieder und beißt ihm in einem Augenblick das Genick durch, so dass wir heransprengend das Tier schon verendet fanden. Gierig leckte der Gepard den reichlichen Schweiß und wollte anfangs um keinen Preis von seinem Opfer lassen; erst nach vieler Mühe konnten die Schikäris den Gepard wieder bändigen.

So hatten wir auch diese interessante Art zu jagen kennen gelernt und beschlossen nun, den Rest der uns leider kurz bemessenen Zeit mit einer Pürsche auf Black-bucks auszufüllen. Wir trennten uns in drei Partien; jede versuchte ihr Heil in einer anderen Richtung. Ich wandte mich mit Alfsar Dschang und Kinsky gegen Norden. Die Jagdgelegenheit war eine nur von einzelnen kleinen Hügeln und Terrainwellen durchzogene Ebene, auf welcher es Palmenhaine, dorniges Dschungel, sowie Heideflächen gab, die größtenteils mit verdorrtem, gelbem Gras bewachsen waren. Auf solchen Stellen stehen die Blackbucks am liebsten.

Bald stieß ich auf zwei starke Rudel, die im hohen Grase ästen und gelangte, durch eine kleine Erdfalte mich anpürschend, auf 120 Schritte an das nächste Rudel heran, welches ungefähr 100 Stück zählte. Vereint standen hier — ein schönes Bild — starke Böcke mit ihren langen, gewundenen Hörnern, alte Geißen und viele Kitze. In diesem Augenblicke witterte mich eine der Gaisen, wurde jedoch alsbald mit einigen Schmalgeißen und Kitzen im Troll flüchtig —jetzt war der Moment zum Schuss gekommen. Ich nahm den stärksten Bock aufs Korn und gab Feuer; derselbe zeichnete gut, wie ein aufs Blatt getroffenes Stück Hochwild, ging aber dennoch flüchtig mit dem Rudel fort. In diesem Augenblicke verhoffte ein zweiter kapitaler Bock, den ich im Feuer erlegte. Nun kam ein dritter, erschreckt durch das Stürzen des anderen Stückes, flüchtig gegen mich heran, ich schob rasch eine frische Patrone in den Lauf und hatte die Genugtuung, den Bock in voller Flucht zu roulieren. Die erlegten Böcke mit ihren dunkelbraunen und schneeweißen Decken, zierlichen Häuptern und Läufen, sowie dem schönen Gehörne wurden sofort der Meisterhand Hodeks übergeben. Solange das Rudel in Sehweite war, flüchtete es unaufhaltsam, bis es endlich in einem dichten Dschungel unseren Blicken entschwunden war.

Ich ritt nun, frisches Wild zu suchen, gegen eine höhere Hügelkette, wo ich mir, dem Terrain nach zu schließen, Erfolg versprach und entdeckte in der Tat hinter einem großen Felsen ein Rudel, das aber äußerst scheu war und trotz sehr vorsichtigen Anpürschens ausriss, so dass ich nur noch eine Geiß erlegen konnte.

In dem hohen Gras sprengte ich mehrere Hasen auf, welche den unserigen ähnlich, jedoch kleiner sind und höhere, durchsichtigere Löffel haben, ferner auch Rebhühner und Wachteln, die sich hier in ziemlicher Anzahl vorfanden. Nach längerem Umherstreifen begegnete ich abermals, hart an der Grenze des Jagdterrains des Nisams, einer größeren Anzahl von Böcken, deren einen ich streckte.

Die Sonne brannte heiß auf uns herab und die Schikäris zeigten schon bedeutende Ermüdung; so wurde denn unter einem großen Baume ein Stündchen gerastet.

Nach dem Autbruch beschloss ich, das vormittags zuerst beschossene, starke Rudel wieder aufzusuchen und fand es auch nach halbstündigem Suchen auf einer freien Heidefläche stehend. Ich versuchte so gut als möglich anzukommen, musste aber sehr weit schießen, so dass ich einen Bock nur mit einem Schlegelschuss anschweißte. Nun wollte ich ihn, da er mir sehr stark schien, unter jeder Bedingung ausmachen; doch gelang mir dies erst nach vieler Mühe und nachdem ich bei der Verfolgung noch einen gesunden Bock erlegt hatte.

Es war keine Täuschung gewesen, der angeschweißte Bock war tatsächlich uralt, hatte ein ganz graues, lichtes Haupt, sowie starke abgekämpfte und gebrochene Stangen. Die Schwierigkeit, ein so schlecht angeschossenes Stück, welches immer wieder außer Schussdistanz ausreißt, auf freier Fläche auszumachen, wenn die Zeit gebricht, es krank werden zu lassen und keine Hunde zu Gebote stehen, kann nur ein Jäger ermessen, welcher in der Lage war, eine ähnliche Aufgabe unter gleich schwierigen Umständen lösen zu müssen.

Darüber war es Zeit geworden, in das Landhaus des Ministers nach Sarur Nagar, wo wir uns umkleiden sollten, zu eilen, um ein für den Nachmittag angesagtes Sportfest nicht zu versäumen. Auf dem Wege machte ich noch einen Coup double auf Bock und Geiß und galoppierte dann in das Landhaus, wo uns ein opulentes Frühstück erwartete. Dieses Haus, der Lieblingssommersitz des Ministers, welches dem Palais Baschir Bägh auffallend gleicht, dient dem Stammhalter des Ministers, seinem fünfjährigen Sohn, den mir jener nach dem Essen mit stolzer Vaterfreude vorstellte, zum Aufenthalt.

Im Hof waren fünf einjährige Tiger angekettet, welche der Minister im Vorjahr, nachdem er die Mutter erlegt, gefangen hatte. Sie waren äußerst possierlich, ziemlich groß, spielten ganz nach Katzenart und ließen sich von uns streicheln und krauen, dass es eine Freude war. Zu meinem Entzücken schenkte mir der freundliche Hausherr zwei derselben, die ich lebend und gesund nach Hause zu bringen hoffe.

Da Kinsky leider wieder einen Fieberanfall hatte, musste er mit Mr. Stevens zurückkehren. Wir aber fuhren mit einem prächtigen Sechserzug von Schimmeln, welchen der vorzügliche Stallmeister des Nisams, und zwar vom Bock aus lenkte, alsbald zu dem Sportfest in Malakpett, einem etwa 3 km von Haidarabad gelegenen, großen, freien Platz, auf dem alle Arten sportlicher Vergnügungen, wie Rennen, Tentpegging, Glaskugelschießen u. dgl. m. abgehalten werden. Ein geräumiges, geschmücktes Zelt und eine hohe Tribüne waren für die vielen Zuschauer errichtet, die größtenteils aus Engländern und Nawäbs bestanden. Infanterie und Kavallerie bildeten Spalier.

Das erste Event bildete das mir schon von Parel her bekannte Tentpegging, das Lanzenstechen auf hintereinander in den Boden gesteckte Holzpflöcke, wobei der Reiter full pace anreiten und die Pflocke aufspießen muss, ohne einen derselben zu fehlen oder zu verlieren. Sowohl Landeskinder als Engländer beteiligten sich an dieser schwierigen Übung, in der ein indischer Offizier Sieger blieb.

Überaus heiter war ein Elephanten-Rennen, in welchem acht Dickhäuter starteten und, von ihren Lenkern mit Geschrei, Hieben und Stichen freundlichst aufgefordert, in unglaublich schnellem Trab die Distanz durchliefen. Nicht weniger originell war ein Rennen von Kamelen.
Neu wie diese beiden Nummern war mir ein Ringen zu Pferde. Je zehn Reiter von Native-Kavallerieregimentern auf nackten Pferden ritten auf das Signal des Starters hin aufeinander los und versuchten sich gegenseitig von den Pferden zu ziehen. Die Reiter waren bloß mit Hemd und Hosen bekleidet und trugen als Abzeichen verschiedenfarbige Schärpen, die Pferde waren nur mit Trensen versehen. Mit affenartiger Geschicklichkeit behaupteten sich die Reiter auf den Pferden, einige der größeren Leute klammerten die Zehen unter dem Bauche der Pferde zusammen und waren, obgleich sich zwei oder drei Gegner auf sie stürzten, nicht herabzubringen. Ein Mann war bereits vom Rücken des Pferdes abgestreift, hielt sich aber noch mehrere Minuten am Hals seines Pferdes fest, bis sich dieses mit ihm nach vorne überschlug. Man muss gestehen, dass die Leute bei diesem Spiele sämtlich große Ausdauer und viele Bravour an den Tag legten.

Bei einem anderen Event sollten Reiter auf Ponies über eine bestimmte Distanz abgelassen werden, zuerst im Galopp eine Fahne umreiten und dann mit dem Pferd eine Papierwand durchbrechen. Derjenige, welcher als erster sein Pony durch die Papierwand gebracht hätte, wäre Sieger gewesen. Leider konnte diese Konkurrenz nicht statttinden, da der starke Wind, der eben herrschte, die Papierwand jedes Mal zerriss. Vom equestrischen Standpunkt aus wäre es sehr interessant gewesen, zu beobachten, wie lange es gedauert hätte, bis ein Pony sich entschlossen, in die Wand zu springen.

An Stelle dieser Nummer wurde ein Wettlaufen von Soldaten und ein Flachrennen von Ponies eingelegt, welch letzteres der Adjutant des Residenten gewann. Mit dem Preisschießen wollte man bis zur Ankunft des Nisams warten, da er sich an diesem Sport zu beteiligen pflegt; doch verrann vergeblich Stunde auf Stunde, so dass endlich ohne den Nisam begonnen werden musste.

Das Preisschießen wurde mit dem Schießen auf geworfene Flaschen eröffnet, woran sich mehrere Nawäbs, die Adjutanten des Nisams und ein englischer Offizier beteiligten. Auch ich wurde aufgefordert, zu konkurrieren, schoss aber, wie immer, wenn viele Zuseher anwesend sind, in welchem Fall mich die für den Kugelschützen so notwendige Ruhe der Nerven zu verlassen pflegt, nicht gut, jedenfalls schlechter als am Vortag, so dass ich im Schießen auf Flaschen und Tonkugeln Zweiter und Dritter blieb.

Als die beiden Konkurrenzen entschieden waren, erschien der Nisam und nahm nun an dem Schießen ebenfalls teil. Es konnte ihm nicht schwer werden, als Sieger hervorzugehen; ich wenigstens hatte einen entschieden schlechten Tag. Im Match auf Rupien schlug der Nisam alle Schützen.

Den Schluss bildete eine neue Art des Schießens, nämlich nach einer an einer Rebschnur pendelnden und schwingenden Flasche. Ich versuchte dieses Kunststück zum ersten Mal; der Nisam aber schien darauf gut eingeschossen zu sein, da er seiner Befriedigung über diese Nummer des Programmes durch Wort und Gebärde Ausdruck gab und mit Lebhaftigkeit selbst die Distanzen und Regeln bestimmte. Er ließ mich zuerst schießen; mit vier Schüssen von sechsen traf ich die Flasche. Der Nisam erzielte denselben Rekord, so dass es nun zur
Entscheidung kam, wobei wir beide fünfmal hintereinander die Flasche zerschossen. Beim sechsten Schuss störten mich jedoch die vielen Beifallsrufe und das Applaudieren dermaßen, dass ich fehlte, während der Nisam traf und daher gewann.

Bei der nun folgenden Preisverteilung hatte ich als Gast den Siegern die Gewinne zu übergeben, wobei der Nisam die ihm zugefallenen mit stolzer Befriedigung entgegennahm.

Die Sonne war schon untergegangen, als wir den Schauplatz des Festes verließen, um die 14,5 km lange Fahrt nach North Trimulgherry anzutreten, wohin wir von den Offizieren des 21. Husarenregimentes zum Diner eingeladen waren. Der Mond stand am Himmel; doch bot die Fahrt durch das flache Land wenig Reizvolles, da uns überdies fortwährend dichte Staubwolken einhüllten.

Vor der Offiziersbaracke bildete eine Escadron zu Pferde Spalier. Daselbst erwarteten uns Oberst Martin mit seinem Offizierskorps, ferner der Nisam, seine Minister und Adjutanten, der Resident, Mr. Trevor C. Plowden, und alle höheren Kommandanten der Garnison. Das Offizierskorps, welches das schmucke Mess dress, eine Art Diner-Kostüm angelegt hatte, war infolge Erkrankung sowie Beurlaubung zahlreicher Mitglieder nur durch ungefähr 20 Herren vertreten.

Das Mess-Lokal, für das heiße Klima praktisch angelegt, besteht aus zwei großen, hohen, salonartigen, genügend ventilierten Räumen, deren einer als Empfangs- und Rauchzimmer dient, während der andere als Speisezimmer verwendet wird. Die Wände beider Räumlichkeiten sind mit Bildern aus der Geschichte des Regimentes, Schlachtenbildern und Jagdtrophäen, darunter kapitalen Büffelschädeln, geschmückt. An einer Stirnwand des Speisesaales hängt das Porträt des Herzogs von Wellington, welcher das Regiment, dessen bewegte Geschichte auf 120 Jahre zurückreicht, im Jahre 1797 in den indischen Kämpfen gegen Tippu Sahib, die Maharatten und Franzosen kommandiert hatte.

Schwarzgelbe Bänder, unseren Farben zu Ehren gewählt, schmückten zwischen Blumen die Tafel, während wertvolle, silberne und goldene Cups, die das Regiment bei verschiedenen Sports, wie Rennen, Polo, Cricket errungen oder aber von scheidenden Offizieren erhalten hatte, als Aufsätze dienten. Zu meiner Rechten saß Oberst Martin, ein liebenswürdiger Mann, mit dem ich viel über unsere Kavallerie sprach, welcher er besondere Anerkennung zollte, zu meiner Linken Lieutenant Pirie, ein Bruder unseres Jagdgefährten von Kalawewa auf Ceylon.

Das Diner verlief in lebhafter und ungezwungener Stimmung. Nach den Toasten auf die Königin, wie auf Seine Majestät, mich und den Nisam wurde stets von allen Offizieren stehend das Lied: »He is a jolly good fellow« gesungen. Nach dem Speisen gingen wir auf die Veranda, wo die Regimentskapelle konzertierte und noch eine Reihe »wilder« Toaste auf unsere Armee, sowie jeden einzelnen der Herren meiner Suite ausgebracht wurde. Später trat das Fest in das Stadium der Gesangsproduktionen, wobei jeder, ob nun mit Stimme begabt oder nicht, sein Hestes an gesanglicher Leistung bot. Auch wir mussten das »Prinz Eugen-«, das »Liechtensteinische« Lied und manch anderes Reiter- und Soldatenlied singen.

Als die Heiterkeit ihren Höhepunkt erreicht hatte, stürzten sich die englischen Offiziere auf mich und meine Suite und trugen uns unter lebhaften Beifallsrufen auf ihren Schultern im Saal umher. Der Nisam hatte schweigend zugesehen. Wie maßlos war aber sein Erstaunen, als sich plötzlich mehrere Husarenoffiziere auch auf ihn stürzten und ihn im Triumph umhertrugen; eine derartige Huldigung war ihm noch nie zuteil geworden, doch nahm er sie, obgleich wir alle das Gegenteil besorgt hatten, wohlwollend auf. Der Resident hatte der Entwicklung der Dinge nicht ohne Bedenken zugesehen, war aber völlig beruhigt, als der Nisam sich für die Ovation dankend verbeugte.

Dieses heitere Symposion bildete den Abschluss der Festlichkeiten und des Aufenthaltes auf Haidarabader Territorium. In vorgerückter Stunde nahmen der Nisam und ich von einander und dem beiderseitigen Gefolge Abschied, wobei der Nisam die Freundlichkeit hatte, mir als Andenken ein in Gold gearbeitetes Tintenzeug und eine prachtvolle, goldgestickte Decke zu übergeben. Einer der Herren meiner Suite hatte das Tintenzeug in Empfang genommen und in seiner Tasche verwahrt. Der Minister des Nisams, welcher diesen Vorgang beobachtet hatte, machte — in offenbarer, vielleicht durch orientalische Gebräuche entschuldbarer Missdeutung desselben — Wurmbrand sofort und nachdrücklichst aufmerksam, „dass das Tintenzeug bereits in einer fremden Tasche verschwunden sei“.

Besonderer Geschenke seitens des Nisams hätte es nicht bedurft; denn dauernde und dankbare Erinnerung ist ihm und seinem Land gesichert. War doch in den Tagen von Haidarabad auf den Wink des gastlichen Nisams die Wunderwelt des indischen Märchens in ungeahnter, üppiger Pracht aus tiefem Schlaf erstanden, um sich in entzückender Herrlichkeit vor mir zu entfalten und eine Spanne meines Lebens mit ihrem Zauber zu verweben!

Der Nisam kehrte nach Haidarabad zurück; unser aber harrte das schnaubende Dampfross des Extrazuges mit Ungeduld schon seit einer Stunde. Wir trennten uns nun gegen Mitternacht auch von den englischen Kameraden des 21. Husarenregimentes, in deren Mitte wir einen so heiteren, an fröhliche heimatliche Kreise gemahnenden Abend verbracht hatten und bestiegen unsere Gefährte. Die jüngeren Offiziere brachten mir noch eine Huldigung dar, indem sie die Pferde meines Wagens ausspannten und ihn eilenden Laufes eine ganze Strecke Weges zogen. Noch ein dreimaliges Hurrah und dann flogen wir von flinken Rossen gezogen, dem Bahnhof in Sikandarabad zu, hin zu der Stätte der Prosa, welche die Märchen fliehen macht ….

Links

  • Ort: Hyderabad, Indien
  • ANNO – am 26.01.1893 in Österreichs Presse, Der Zarewitsch ist ebenfalls auf Reise: Er besucht die Hochzeit seiner jüngsten Schwester in Berlin.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater spielt Shakespeares „Viel Lärm um Nichts“, während das k.u.k Hof-Operntheater die Oper „Der Vasall von Szigeth“ gibt.

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