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diary entries of Franz Ferdinand

In See nach Havre, 8. bis 14. Oktober 1893

Aolus versprach, als die „Bretagne“ in See stach, viel und hielt wenig; unsere hochgespannten Erwartungen auf eine angenehme Fahrt verringerten sich immer mehr und wurden schließlich ganz zunichte. Es war, als sollten wir, die ja so lange und so glücklich von dem Rücken des Ozeans getragen worden sind, dessen gewaltige Kraft noch einmal empfinden müssen, bevor wir den Fuß auf Europas alten Boden setzen.

Der Himmel entzog sich unseren Blicken; denn mit seltenen Unterbrechungen fuhren wir in dichtem, den Ausblick teils völlig benehmendem, teils doch wesentlich beeinträchtigendem Nebel dahin, was mit Rücksicht auf die große Zahl der die Route befahrenden Atlantik-Dampfer erhöhte Vorsicht bei der Navigation erheischte.

Die See war während der ganzen Überfahrt bewegt, ja zeitweise stürmisch erregt, und Welle auf Welle wälzte sich gegen die „Bretagne“, die aber als echte, liebenswürdige Französin, welche den Dingen nicht gleich eine tragische Seite abgewinnt, in eleganten Bewegungen über die dräuenden Gefahren hinwegtanzte. Allerdings tanzte auch die lebende Fracht mit und nicht ganz so anmutig und folgenlos; doch blieben wir von ärgerem Ungemach als jenem, welches der Anblick des leidenden Nebenmenschen verursacht, verschont. Zuweilen durfte man allerdings glauben, dass der Engel des Todes seine düsteren Schwingen über das Schiff gebreitet habe, wenn nur wir seefesten Erdumfahrer auf Deck erschienen und gähnende Leere uns im Speisesalon umfing.

Kaum aber hatte die See sich ein wenig beruhigt, wenn auch nur um neue Kraft zu sammeln und uns ihre Launen bald wieder fühlen zu lassen, war allgemeine Auferstehung an Bord, die Totgeglaubten kamen hervor, und jeder Winkel des Schiffes war erfüllt von Gelächter, Geplauder, Lebensfreude; denn weitaus die größte Mehrzahl der Passagiere gehörte der französischen Nation an. Zerriss gar einmal das Gewölk, so entwickelte sich eine Lebendigkeit auf dem Schiffe, die jener eines Mückenschwarmes glich, der bei Ausbruch eines Gewitters zerstiebt, um sich beim ersten Strahl der Sonne wieder zu sammeln und an diesem im Vollgenuss des Lichtes und der Wärme auf- und niederzuschweben.

Höchst anregend und in völkerpsychologischer Hinsicht interessant waren vergleichende Studien über das Leben an Bord der „Empress of China“ mitten unter Engländern und hier an Bord der „Bretagne“ unter Franzosen; in dem engen Rahmen der Lebensverhältnisse auf dem Schiffe prägte sich die charakteristische Eigenart der beiden Nationen wie in einem verkleinernden Spiegel deutlich aus. Dass in uns Österreichern bei unserer Naturanlage das Wesen der Franzosen manche, wenn auch etwas ernster gestimmte Saite harmonisch anklingen lässt und wir daher aller Unbilden des Wetters ungeachtet recht angenehme Stunden auf der „Bretagne“ verbrachten, darf nicht Wunder nehmen. Doch um gerecht zu sein — es war nicht allein die Reisegesellschaft, welche lichte Töne in das Bild unseres nebelumdüsterten Daseins wob, sondern auch die „Bretagne“ selbst trug durch ihre trefflichen Einrichtungen wesentlich dazu bei, das Leben recht erträglich zu machen, und zwar in allererster Linie durch ihre vorzügliche Küche.

In Verbindung mit gutem Gewissen ist — es klingt sehr prosaisch und ist doch wahr — während einer langen Seereise ein guter Mittagstisch eine der Voraussetzungen, die Seele in jenen Zustand des Gleichgewichtes zu versetzen, welcher sie Schlimmes leichter ertragen und Angenehmes freudiger empfinden lässt. Ganz besonders aber waren wir, die wir uns ja schon um den Erdball herum und durch alle denkbaren kulinarischen Erzeugnisse hindurch gegessen haben, für die vollendeten Produkte des Kochkünstlers der „Bretagne“ empfänglich und bewahren daher um unserer früher oft genug schwer geprüften Magen willen dem Küchenchef eine freundliche Erinnerung.

Als die „Bretagne“ über die Newfoundland-Bank hinwegsteuerte, waren wir Zeugen eines interessanten Schauspieles. In weiter Ferne sah man aus der See Wasserstrahlen aufschießen und dem Schiff bald dunkle, unförmliche Massen näher kommen, die sich endlich als Walfische entpuppten. Acht oder zehn dieser Tiere kreisten in so geringer Entfernung um die „Bretagne“, dass wir die Formen der Unwesen nicht nur genau wahrnahmen, sondern einige Amateurphotographen an Bord auch in die Lage versetzt wurden, Aufnahmen der Kolosse zu machen, allerdings ohne diesen vorher einen freundlichen physiognomischen Ausdruck empfehlen zu können. Wir bedauerten lebhaft, nicht mehr an Bord der „Elisabeth“ zu sein, da wir in diesem Falle deren Schnellfeuerkanonen mit aller Aussicht auf Erfolg hätten in Tätigkeit setzen und so als Walfischjäger debutieren können.

Die ersten Tage der Fahrt wussten wir unsere Ungeduld, Europa zu erreichen, noch etwas zu bemeistern; je mehr aber die „Bretagne“ dem Ziel der Fahrt sich näherte, umso größere Unruhe bemächtigte sich unser, bis schließlich die Erwartung den Höhepunkt der Spannung erreichte.

Ex Oriente lux! Den 14. Oktober spät abends — wir waren dem Schiff in unserer Sehnsucht schon bis in das Herz der Heimat vorausgeeilt — tauchte aus weiter Ferne das Leuchtfeuer der Scilly-Inseln auf, einem Stern gleich uns entgegenfunkelnd und der „Bretagne“ den richtigen Kurs weisend. Ein unbeschreiblich freudiges Gefühl bemächtigt sich des Seefahrers angesichts dieses ersten Grußes vom alten Kontinent. Sturmumbraust, wetterumtost ragt der Leuchtturm empor, weithin in die dunkle Nacht sein freundliches, helfendes, rettendes Licht aussendend, das wie ein guter Engel den Dämon der Finsternis bewältigt und mit seinen Strahlen in das Gemüt des Menschen dringt.

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  • Ort: Auf See nahe Neufundland, Kanada
  • ANNO – am 08.10.1893 in Österreichs Presse.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater spielt das Stück „Der Meister von Palmyra“, während das k.u.k. Hof-Operntheater Wagners „Meistersinger“ aufführt.
  • Während Franz Ferdinand schon auf dem Rückweg nach Europa ist, informiert das Wiener Salonblatt, no. 41, dass er Philadelphia und Washington, DC, besuchen wird.
The Wiener Salonblatt No. 41, informs its readers about Franz Ferdinand's visit to Philadelphia and Washington, DC. A visit to Independence Hall would have been quite unlikely. Anyway, Franz Ferdinand is already on board of the SS Bretagne returning to Europe.

Das Wiener Salonblatt No. 41, sieht Franz Ferdinand bald in Philadelphia und Washington, DC. Ein Besuch der Independence Hall in Philadelphia wäre wohl nicht nach dem Gemüt von Franz Ferdinand, der sowieso bereits auf dem Rückweg nach Europa ist.

 

At Sea to Havre, 8 to 14 October 1893

Aeolus promised much when „Bretagne“ ventured out into the sea but kept few of the promises. Our high expectations about an agreeable voyage were diminished more and more and finally totally shattered. It was as if we who had been happily been borne on the back of the oceans had to endure their huge forces once more before we could set foot on Europe’s old soil again.

The sky refused itself to be seen by us, as we drove in dense fog that partly fully obscured all views partly heavily impeded it with a few rare interruptions which required increased caution in navigation given the large number of Atlantic Ocean steamers on this route.

The sea was choppy during the whole voyage and at times even stormy. Wave upon wave rolled against „Bretagne“ that however as a charming French lady was not looking to turn things into a tragedy and danced in elegant movements over the menacing dangers. Unfortunately the living freight aboard danced with her and not always as gracefully and without consequences. But we were spared worse misery than seeing our suffering fellow travellers. At times, one might have believed that the angel of death had enclosed the ship with its dark wings when only we sea-proof world travellers appeared on deck and entered the bleak empty dining hall.

As soon as the sea had calmed down a bit, but only to recover its strength and to have us feel her moods again, there was a general resurrection on board and the persons assumed dead reappeared and every nook of the ship was filled with laughter, talk and lust for life, as the large majority of the passengers was of French origin. When even the clouds were cracked open for once, the activity on the ship resembled those of a mosquito swarm that disperses at the start of a storm only to reassemble at the first rays of the sun and fly up and down enjoying the light and the warmth.

Very exciting and interesting in a psychological analysis of the people were comparing the life on board of the „Empress of China“ among the English and here on board of the „Bretagne“ among the French. In the tight conditions of human relations on a ship the characteristic qualities of the two nations were distinctly on display like on a zooming mirror. As we Austrians were in our natural means closer to that of the French, even if a bit more earnest, it is no wonder that life on board was quite harmonic and that, despite the bad weather, we spent quite agreeable hours on board of the „Bretagne“. To be fair — it was not only the travel companions that produced lighter tones into the image of our fog-filled existence but also the outstanding equipment on board of „Bretagne“ that made life quite bearable, most notably in the first place by the excellent cuisine.

In combination with a good conscience, a good dining table — it might sound prosaic but is nevertheless true — is one of the prerequisites of a long sea voyage that keeps the soul in an equitable balance in order to tolerate worse events more easily and to appreciate agreeable ones more joyfully.  Especially thankful were we who had already travelled around the globe and thereby tasted all imaginable culinary output for the perfect creations from the cooking artist of „Bretagne“ and will keep the chef in good memory in recognition of our already too often severely tested stomach.

When „Bretagne“ was steering over the Newfoundland bank, we witnessed an interesting spectacle. Far in the distance one could see jets of water spout out of the sea and soon a dark shapeless mass was getting closer to the ship which finally revealed itself as whales. Eight or ten of these animals were circling the „Bretagne“ at such a shallow depth that we could not only clearly distinguish the shapes of the creatures but also some amateur photographers on board managed to take images of the colossi but without being able to recommend them to prior adopt a friendly mien prior. We vividly regretted not to be on board of „Elisabeth“, as in that case her rapid fire canon might have been used successfully for me to make my debut as a whale hunter.

During the first days of the voyage we were still able to contain our impatience to reach. The closer „Bretagne“ approached the destination of our voyage however, the greater became our inquietude until finally the expectation reached its maximum strain.

Ex Oriente lux! On 14th October late in the evening — in our yearning we had rushed ahead to the heart of our homeland — the light fire of the Scilly islands appeared far off in the distance, twinkling like a star and indicating the right course to the „Bretagne“. An indescribable feeling of joy overcame the mariners in view of the first greeting from the old continent. The light house rises, in roaring storms and weather, and sends its friendly, helpful saving light out into the dark night that like an angel overcomes the demon of darkness and enters by its rays into the mind of man.

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  • Location: At Sea near Newfoundland, Canada
  • ANNO – on 08.10.1893 in Austria’s newspapers.
  • The k.u.k. Hof-Burgtheater is playing the drama „Der Meister von Palmyra“. The k.u.k. Hof-Operntheater is performing Wagner’s opera „Die Meistersinger von Nürnberg“.
  • While Franz Ferdinand is already on his way to Europe, the Wiener Salonblatt informs its readers that he will next visit Philadelphia and Washington, DC.
The Wiener Salonblatt No. 41, informs its readers about Franz Ferdinand's visit to Philadelphia and Washington, DC. A visit to Independence Hall would have been quite unlikely. Anyway, Franz Ferdinand is already on board of the SS Bretagne returning to Europe.

The Wiener Salonblatt No. 41, informs its readers about Franz Ferdinand’s visit to Philadelphia and Washington, DC. A visit to Independence Hall would have been quite unlikely. Anyway, Franz Ferdinand is already on board of the SS Bretagne returning to Europe.

 

New York, 7 October 1893

Already at 6 o’clock in the morning, consul general Havemeyer came to accompany me for the tour of his farm in the West of New York. Through the empty streets we went to the Southwest of the city to the shore of the North Hudson River and from there with a great traject steamer to Jersey City where a special train was awaiting us.

These traject steamers are true monsters of which always a large number are crossing upstream and downstream. They can take in at once 10 to 20 wagons and multiple hundreds of passengers. The height of the deck corresponds to that of the dock or respectively the street so that the wagons pass directly on board and on land. Despite the early hour, there was already much activity on the river. Vehicles of all kinds were driving up and down, numerous mighty steamers of the transatlantic lines were moored in front of the big magazines of the companies. Downriver anchored two warships and multiple torpedo boats of the United States.

Just beyond Jersey City the train passes through a long tunnel and then enters into a wide swampy territory covered with tall yellow reed. Small open water areas and streams criss-cross it and some forest lots stand out like islands in the swamp that is currently being drained and filled in to gain land for cultivation. Then we came to a very friendly territory without any villages or factories. Its small woods, fields and orchards reminded me distantly about the lower lying regions of Upper Austria. This aspect as well as the wonderful, clear and warm autumn day presented the scenery in a very sympathetic light, namely because the forest was resplendent in all colors of the spectrum.

At the small station next to Havemeyer’s farm, a coach was waiting, drawn four spotless black-brown horses. At a brisk speed we drove through the autumnal landscape, past bedewed meadows and fields to the farm.

In front of the farm lies Havemeyer’s pheasant garden that allegedly is annually raising up to two thousand pheasants. Here we were to hunt and had equipped ourselves with a vast quantity of rounds, having the highest of hopes. When, however, instead of drivers, I only saw three pointers that were let loose for tracking the pheasants and ran around like crazy, and the forester, a Frenchman, did not seem to look like a „real hunter“, my expectations were very much reduced. Our results in fact were only three pieces shot and four pieces caught by the dogs which led the leader of the hunt to excuse the low result with the limited time available for the hunt, In another more distant part of the hunting territory there would have been a lot more pheasants. I however felt fully compensated by the fact that I could undertake observations of the tree during the armed promenade and admire the great varieties of oak species here. Next to the hunting lodge was the breeding farm and compounds in which more than a thousand pheasants were running around.

We soon forgot the failed hunt during the visit of the farm that consisted of a charming villa and great estate buildings next to extended agricultural lands. The villa’s site has to be called as exceedingly favorable as it offered a splendid view of the manor, the extensive meadows and the wooded hills. The villa had been built according to plans drawn by Havemeyer himself, is very comfortably and cosily furnished and mostly features wood panelling. Ivy and other climbing plants are entwined on the exterior wall of the building which is the owner’s proof that he has not lost the sense for tasteful domesticity after having gained millions. Havemeyer introduced his son-in-law to me who spends the whole year here in this bucolic idyll and is also in charge of its administration having an admirable understanding of the matter. He is a passionate farmer and spoke with enthusiasm about Vienna where he has stayed for quite some time.

As we had only an hour before the train departed, we could only visit the horse and cow stables that were equipped with great luxury and kept meticulously tidy. Havemeyer’s horses and in particular some specimens he had shown to us received our full appreciation. These are beautifully built, noble yet strong horses and for the most part output of local breeding except for some imported English half-bred horses. The cows were standing in a stable built in the form of a cross from whose center one could survey all pieces. Rich fodder was not missing so that the milk output is quite considerable. It is partly sent to New York, partly made into butter in a large room laid-out with porcelain tiles.

The condition of the surrounding fields, as far as it could be analysed out of a wagon, was very good, the soil seemed fertile, corn and rape stood in excellent shape. Though I believe that the profit from this farm whose aim for correctness and neatness, I might even say elegance, will probably be not great, a Croesus such as Havemeyer can enjoy the pleasure of such a venture without having to fear any damages. Between the estate buildings and the train station lies a larger zoo with a good stock of big game and deer.

During the return drive, Havemeyer provided interesting information about his industrial holdings. Especially important is his sugar refinery in Brooklyn that processes 1.814.400 kg of input per day what results to an annual output of 544.320 t on the assumption of 300 work days.

When we rushed at full speed over the dam of the swampy area, suddenly the locomotive experienced a defect and, despite the locomotive driver and the conductor constantly shouting All right“,  were unable to go forward or backward so that a passing express train had mercy with us and sent a machine to help at the next station. The machine brought us with a considerable delay to Jersey City.

Noon was already past and at 3 o’clock the „Bretagne“ on which we were to return to Europe was bound to depart. First, however, Havemeyer still wanted to offer me a breakfast at Delmonico’s. The seemingly impossible was nevertheless achieved. With true American speed our steamboat crossed the Hudson, the wagons sped through the streets at the fastest pace and before we could take notice, we sat on a richly set table that offered everything a gourmand could desire. We believed to be at Lucullus‘ table. The historic ragout of nightingale tongue was in fact missing but we were offered a dish that was prepared from oyster parasites, small crabs the size of peas that are found as rare guests in the oyster shell. When I add that about 100.000 oysters had to be opened to collect the necessary number of crabs for our breakfast, this gives a scale for the value of this certainly excellent treat that was followed by worthy other courses of the menu.

The friendly host and our ambassador accompanied me on board of the „Bretagne“. At 3 o’clock in the afternoon we left the harbor of New York and the New World, the last stop on our long voyage around the world, the heart filled with blessed homeward bound feelings.

I did not have the opportunity, in contrast to my original intentions, to really visit the United States, I had to restrict myself to fly through the enormous territory. Thus my impressions are not based on a deep understanding but could only collect impressions at the surface. Like the gushing and bubbling geyser reveal the secret forces in the interior of the earth, one may in other areas take the visible symptoms and make conclusions about the underlying reasons and causations. What I have seen of the landscape of North America, the huge mountains, the eerily jagged valleys, the endless plains, the enormous rivers and waterfalls, the lakes extending as far as seas, the unfathomable distances, the still noticeable elementary forces in the interior of the earth drawing their last breaths — all this carries the element of greatness in it.

But it is not a greatness that is cherished and embellished by an exaltation of dignity and poetry with which the son of the Old Europe is used to look out for and is touched by nature in the most delicate strings of the human heart — it is more the proud feeling of self-reliance of invincibility, an elementary force joined with a defiant belief into greatness that we are encountering here and the inexhaustible wealth of all kinds in the interior of the earth that nature is ready to defend from the greedy grasping hands but in this is challenging the humans to struggle for it. This battle is under way and nature is losing it. The giant Goliath lies slain at the feet of weak David.

If somewhere man has grown to meet a higher purpose, then it has happened in the United States. Here it was necessary to overcome the sky-high mountains, to cross it, to measure the plains, to make waters usable, to break the virgin soil for agriculture, to turn bare areas into living urban settlements — these great works had been achieved in an astonishing manner that deserves admiration. Man has grown on this battleground to the size of a giant, he has learned to extract one secret after the next from nature, to disarm her and turn those weapons against her.

The generation that has fought here a forever memorable struggle in human history and still continues fighting has met the same fate as the conquering peoples that subjugate others and force their compliance by the application of iron but adopt more and more of their means and customs and make them their own. The so different parts of the white population of the United States have today not yet been amalgamated into a homogeneous mass, yet still the inhabitants of the United States are already much distinct by their national characteristics from the peoples of the Old World.

The descendants of those Europe sent to the West who have led the broad stream of emigration are now foreign to us even though flesh of our flesh, blood of our blood. It is not the big water that separates the citizens of the Union from us but the nature of the country has produced the difference. She has assimilated her conquerors, equipped them with all the advantages and disadvantages that she are her own. Its quality of greatness is also part of the characteristic of the inhabitants of the United States and is undeniable but is however not rarely transformed into the bizarre, the grotesque, even the repugnant.

The most audacious ideas are born in the land of the rocky mountains and the Niagaras and executed with amazing skill, with insurmountable mastery in technology. Heroic entrepreneurship that is indeed often enough paired with unequalled ruthlessness creates again and again new paths, leading to the amassing of colossal fortunes but not rarely causes the ruin of thousands of existences and without letting morale stay mourning at the side line. Besides admirable creations of philanthropic minds one notices the most crass egoism that sees fellow man only as an object of exploitation but not as a being with feelings.

Conscientious efforts are faced at every step with competition from loud advertisements and inimitable humbug. Close to honest business, a wild dance around the golden calf is performed that here has taken the form of the dollar. Earnest striving to create ordered public administration and sustain them is all too often equalled by corruption in the leading circles that at times even invades the judges so that instead of an assured system of justice  one’s own initiative of the rawest form is used.

In all appearances that express the character of the population of the Unites States, it is — I repeat this — the pursuit of greatness the outstanding aspect while its various manifestations may at times even be repugnant they still remain always interesting. The struggle towards larger than life, the superman, lies in the citizen of the United States that has been inoculated by the surrounding nature. As they are missing the magic romantization, the humans lack the intimate charms of personality, of warmth as a being. The have given me the impression of cold individualism as I found them wanting in terms of kindness of their hearts as well as cosiness of their senses — only these treats make humans sympathetic, even though we might have many other reasons to acknowledge and may even admire them. The cultured peoples of the Old World are not sick with sentimentality. They too had to struggle for their existence but heart and feelings have not only suffered, namely in our beloved homeland, but are equal, mitigating, positive factors besides the calculating reason, next to the determined will.

A small tugboat towed the „Bretagne“ from its moorage, then the machines of the ship were put in motion and we drove downriver past the masses of houses of New York and Brooklyn, past the many ships in the Upper Bay, finally crossing between Staten Island and Long Island to the ocean past Coney Island.

Before sunset we were bound to enjoy a beautiful maritime spectacle as on that day the most important North American sailing regatta was held for the prize of the New York Yacht Club. The two best yachts of the United States of America and Great Britain, „Vigilant“ and „Valkyrie„, competed for the victory. During the whole day, New York had been in febrile excitement about which of the two would win the prize, an excitement that is always present if there is a competition between Americans and the English.

The regatta had just ended. Already the ships loaded with the spectators of this maritime feast were coming towards us and soon we could see for ourselves that the palm of victory fell into the hands of the United States, as the passing American steamboats had hoisted all their flags — a sign of national jubilee — and everywhere shouts of joy rang out, kerchiefs and hats were waved. We enjoyed this fleet revue as in a space of only a few hundred meters about more than two hundred steamers of all kinds, from cloddish Hudson steamers to delicate steam yachts, filled to the brim with humans drove past both sides of the „Bretagne“ in order to communicate the joyful news to their waiting friends. Each steamer tried to pass the other, even here the competitive spirit turned into a real struggle so that at time four or five ships abreast steamed  past us, while the people on board shouted and howled and some of the steamers fired off joy shots. Then the two towed competing yachts with shortened sails approached until after less than half an hour the complete crazy procession had finally passed us by and the ships were only visible as tiny points on the horizon in the direction of  New York.

At last the clouds from the smoking chimneys too disappeared out of sight and all around there was nothing but the smooth sea on which we drove on a North-eastern course, soon enclosed by the shadows of the coming night.

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  • Location: New York, New York, United States
  • ANNO – on 07.10.1893 in Austria’s newspapers.
  • The k.u.k. Hof-Burgtheater is playing the comedy „Der kleine Mann“. The k.u.k. Hof-Operntheater is performing „A Santa Lucia“ and other pieces.

New York, 7. Oktober 1893

Schon um 6 Uhr morgens holte mich Generalkonsul Havemeyer ab, um mich nach seiner im Westen New Yorks gelegenen Farm zu geleiten. Durch die menschenleeren Straßen ging es nach dem Südwesten der Stadt zum Ufer des North Hudson Rivers und von hier mittels eines großen Trajektdampfers nach Jersey City, wo unser ein Extrazug wartete.

Diese Trajektdampfer, wahre Ungeheuer, deren stets eine größere Anzahl flussauf- und abwärts fährt, können auf einmal 10 bis 20 Wagen und mehrere hundert Passagiere aufnehmen; die Höhe des Deckes korrespondiert mit jener der Anlegestellen, beziehungsweise
der Straße, so dass die Wagen direkt an Bord und an das Land fahren können. Trotz der frühen Stunde herrschte auf dem Fluss schon reges Treiben; Fahrzeuge aller Arten zogen auf und nieder, zahlreiche mächtige Dampfer der transatlantischen Linien waren vor den großen Lagerhäusern der Kompanien vertäut; flussaufwärts lagen zwei Kriegsschiffe und mehrere Torpedoboote der Vereinigten Staaten vor Anker.

Gleich hinter Jersey City durchfährt die Bahn einen langen Tunnel und tritt dann in ein weites Sumpfterrain, das mit hohem, gelbem Schilf dicht bewachsen ist; kleine, freie Wasserflächen und Wasseradern durchziehen dasselbe und einzelne Waldparzellen ragen als Inseln aus dem Sumpfe, der gegenwärtig entwässert und ausgefüllt wird, um Ackerland zu gewinnen. Weiterhin kamen wir in eine überaus freundliche Gegend, welche weder Ortschaften noch Fabriken enthielt und mit ihren Wäldchen, Feldern und Obstgärten entfernt an die tiefer liegenden Gelände Oberösterreichs erinnerte; dieser Umstand, wie auch der herrliche, klare und warme Herbsttag ließen das landschaftliche Bild als ein äußerst sympathisches erscheinen, namentlich weil der Wald in allen Tönen der Farbenskala prangte.

Bei dem kleinen Bahnhof nächst der Farm Havemeyers erwartete uns eine Coach, bespannt mit einem tadellos schönen, schwarzbraunen Viererzug, und in flottem Tempo ging es in der herbstlich gestimmten Landschaft, an taubenetzten Wiesen und Feldern vorbei, der Farm zu.

Vor dieser liegt Havemeyers Fasangarten, der angeblich eine jährliche Aufzucht bis zu zweitausend Fasanen liefert. Hier sollten wir jagen und hatten uns, die schönsten Hoffnungen nährend, mit einer Unmenge Patronen versehen; als ich jedoch statt der Treiber nur drei Pointer sah, die auf Fasanensuche ausgelassen wurden und wie toll revierten, überdies auch der Forstmeister, ein Franzose, nicht sehr „waidgerecht“ schien, wurden meine Erwartungen stark herabgestimmt. Unsere Strecke betrug tatsächlich nur drei geschossene und vier von den Hunden gefangene Stücke, was den Jagdleiter bewog, das geringe Jagdergebnis mit dem Hinweis auf die Kürze der uns zugebote stehenden Zeit zu entschuldigen; in einem anderen, entfernter liegenden Teil des Jagdgebietes würden wir viel mehr Fasanen angetroffen haben. Ich fühlte mich jedoch reichlich dadurch entschädigt, dass ich während des bewaffneten Spazierganges Baumstudien obliegen und hiebei die in mannigfaltigen Varietäten vertretene Eiche bewundern konnte. Neben einem Forsthaus befanden sich die Aufzucht und die Kammern, in welchen über tausend Fasanen umherliefen.

Die misslungene Jagd vergaßen wir alsbald über der Besichtigung der Farm, die nebst dem ausgedehnten Grundkomplex eine reizende Villa und großartige Wirtschaftsgebäude umfasst. Die Lage der Villa muss als eine überaus günstige bezeichnet werden, da diese eine prächtige Aussicht auf den Meierhof, die ausgedehnten Wiesen und auf die bewaldeten Bodenerhebungen bietet. Die Villa ist nach von Havemeyer selbst gezeichneten Plänen erbaut, sehr wohnlich und gemütlich eingerichtet, meist mit Holztäfelung versehen; Efeu und andere Schlingpflanzen ranken sich an der Außenseite des Bauwerkes empor, welches dem Besitzer das Zeugnis ausstellt, dass er über dem Erwerb von Millionen den Sinn für geschmackvolle Häuslichkeit nicht verloren hat. Havemeyer stellte mir hier seinen Schwiegersohn vor, welcher das ganze Jahr in dieser ländlichen Idylle haust und zugleich mit rühmenswertem Verständniss die Verwaltung der Ökonomie besorgt; er ist passionierter Landwirt und sprach mit großer Begeisterung von Wien, woselbst er längere Zeit verweilt hatte.

Da wir bis zum Abgang des Zuges bloß eine Stunde vor uns hatten, konnten wir nur noch den Pferde- und den Kuhstall besichtigen, die mit großem Luxus ausgestattet und tadellos sauber gehalten sind. Die Pferde Havemeyers und besonders einzelne Exemplare, die er uns vorführen ließ, errangen unsere volle Anerkennung; es sind schön gebaute, edle, dabei kräftige Pferde und größtenteils, von einigen importierten, englischen Halbblutpferden abgesehen, Produkte der Landeszucht. Die Kühe stehen in einem in Kreuzform erbauten Stall, von dessen Mittelpunkt aus man alle Stücke überblicken kann; an reichlichem Futter mangelt es nicht, so dass der Ertrag an Milch ein ganz bedeutender ist, die teils nach New York versandt, teils in einem schönen, mit Porzellankacheln ausgelegten, großen Raum zu Butter verarbeitet wird.

Der Zustand der umliegenden Felder ist, soviel sich vom Wagen aus beurteilen ließ, ein sehr guter, der Boden scheint fruchtbar, Mais sowie Raps standen vorzüglich. Wenn ich auch glaube, dass der Ertrag dieser Farm bei deren von dem Streben nach Korrektheit und Nettigkeit, ich möchte fast sagen Eleganz beherrschtem Betrieb kein bedeutender sein dürfte, so kann sich andererseits ein Krösus wie Havemeyer doch die Freude eines derartigen Vergnügens gönnen, ohne Schaden befürchten zu müssen. Zwischen dem Meierhof und der Bahnstation liegt ein größerer Tiergarten mit einem guten Stand von Hoch- und Rehwild.

Während der Rückfahrt machte mir Havemeyer interessante Mitteilungen über seine industriellen Etablissements; von besonderer Bedeutung ist dessen Zuckerraffinerie in Brooklyn, welche täglich 1.814.400 kg Einwurf verarbeitet, was bei Annahme von 300 Arbeitstagen einer jährlichen Produktion von 544.320 t entspricht.

Als wir rasenden Laufes über den Damm des Sumpfgebietes von Jersey City eilten, erlitten wir plötzlich eine Havarie an der Lokomotive und konnten, obschon der Lokomotivführer und die Kondukteure unausgesetzt „All right“ riefen, dennoch weder vor- noch zurückfahren, so dass sich ein vorbeisausender Expresszug unser erbarmte und aus der nächsten Station eine Hilfsmaschine sandte, die uns mit bedeutender Verspätung nach Jersey City brachte.

Mittag war bereits vorüber, und schon um 3 Uhr hatte die „Bretagne“, mit welcher ich nach Europa zurückkehren sollte, abzugehen, vorher aber wollte mir Havemeyer noch ein Dejeuner bei Delmonico geben. Das unmöglich Scheinende wurde dennoch bewerkstelligt: mit echt amerikanischer Geschwindigkeit setzte unser Dampfboot über den Hudson, im schnellsten Lauf jagten die Wagen durch die Straßen und ehe wir uns dessen versahen, saßen wir an einer reichbesetzten Tafel, die in der Tat alles bot, was sich Feinschmecker nur wünschen können. Wir wähnten uns an der Tafel des Lucullus; das historische Ragout von Nachtigallenzungen fehlte zwar, doch wurde uns ein Gericht aufgetischt, welches aus Austern-Parasiten, aus kleinen Krebschen von Bohnengröße, hergestellt war, die als sehr seltene Gäste in den Austernschalen gefunden werden; wenn ich hinzufüge, dass etwa 100.000 Austern geöffnet werden mussten, um die für unser Frühstück erforderliche Anzahl von Krebschen zu sammeln, so ist ein Maßstab für den Wert dieser allerdings vorzüglichen Speise gegeben, der sich die übrigen Bestandteile des Menus würdig anreihten.

Der freundliche Gastgeber und unser Gesandter geleiteten mich an Bord der „Bretagne“. Um 3 Uhr nachmittags verließen wir, das Herz von dem beseeligenden Gefühle geschwellt der Heimat zuzusteuern, den Hafen New Yorks und die neue Welt, die letzte große Etappe der langen Fahrt um die Erde.

Es war mir, entgegen meinen ursprünglichen Absichten, nicht gegönnt, die Vereinigten Staaten zu bereisen, ich musste mich vielmehr darauf beschränken, das enorme Gebiet derselben zu durchfliegen. Daher vermochte ich denn die gewonnenen Eindrücke auch nicht aus der Tiefe zu schöpfen, sondern konnte sie nur an der Oberfläche der Erscheinungen sammeln. Wie aber die emporschießenden und sprudelnden Geyser die geheimnisvollen im Schoß der Erde waltenden Kräfte offenbaren, so darf wohl auch auf anderen Gebieten aus den zutage tretenden Symptomen auf die tiefer liegenden Gründe und Ursachen geschlossen werden. Was ich von der Landschaft Nordamerikas gesehen, die gewaltigen Gebirge, die schaurig eingerissenen Täler, die endlosen Ebenen, die ungeheueren Ströme und Wasserfälle, die Meeren gleich sich weithin erstreckenden Seen, die unermesslichen Entfernungen, die in ihren letzten Atemzügen noch vernehmbaren, im Erdinnern verschlossenen Elementargewalten — dies alles trägt das unverkennbare Gepräge der Großartigkeit an sich. Doch ist das nicht eine Großartigkeit, vom Hauche der Erhabenheit und Poesie umwoben und verklärt, die der Sohn des alten Europas zu schauen gewohnt ist und durch welche die Natur die zartesten Saiten des menschlichen Herzens berührt — es ist vielmehr die mit stolzem Selbstgefühl der Unüberwindlichkeit, mit trotzigem Bewusstsein der Urkraft gepaarte Großartigkeit, die uns hier entgegentritt und die den unerschöpflichen im Schoß der Erde aufgespeicherten Reichtum aller Art vor der gierig darnach langenden Hand zu verteidigen bereit ist, aber gerade hiedurch den Menschen zum Kampf herausfordert. Dieser Kampf ist entbrannt- und die Natur in demselben unterlegen; der Riese Goliath ist zu Füßen des schwachen David hingestreckt worden.

Wenn irgendwo der Mensch mit seinen höheren Zwecken gewachsen ist, so ist dies in den Vereinigten Staaten geschehen. Hier galt es himmelstürmende Gebirge zu übersteigen, zu durchbrechen, Ebenen zu durchmessen, Gewässer dienstbar zu machen, den jungfräulichen Schoß der Erde zu erschließen, wüste Gefilde durch städtische Besiedelung zum Leben zu erwecken — in staunenerregender und Bewunderung einflößender Weise sind diese gewaltigen Leistungen vollbracht worden. Der Mensch ist auf diesem Kampfplatz ins Riesenhafte gewachsen, er hat gelernt, der Natur ein Geheimnis um das andere zu entwinden, ihr die Waffen abzunehmen und diese gegen sie zu kehren.

Dem Geschlecht aber, welches hier ein in der Geschichte der Menschheit für alle Zeiten denkwürdiges Ringen ausgefochten hat und noch immer ficht, ist es ergangen wie erobernden Völkern, die andere unterjochen und diesen zwar ein eisernes Machtgebot aufzwingen, aber deren Art und Gesittung an- und immer mehr in sich aufnehmen. Die so verschiedenen Bestandteile der weißen Bevölkerung der Vereinigten Staaten sind heute noch nicht zu einer homogenen Masse verschmolzen, und dennoch hebt sich die Bewohnerschaft der United States schon jetzt scharf als nationale Besonderheit den Völkern der alten Welt gegenüber ab.

Die Nachkommen derjenigen, welche Europa in den fernen Westen entsandt, jene, welche der breite Strom der Auswanderung dorthin geführt hat, sie stehen uns heute, obwohl Fleisch von unserem Fleisch, Blut von unserem Blut, fremd gegenüber. Nicht das große Wasser ist es, welches die Bürger der Union von uns scheidet, sondern die Natur des Landes hat die Trennung vollzogen, sie hat ihre Bezwinger sich assimiliert, mit allen Vorzügen und allen Schattenseiten ausgestattet, welche ihr selbst eigen sind. Hin Zug ins Großartige ist auch im Charakterbild der Bewohner der Union nicht zu verkennen, der sich allerdings nicht selten in das Bizarre, das Groteske, ja in das Widerwärtige verzerrt. Die kühnsten Ideen werden im Land des Felsengebirges und des Niagaras geboren und mit erstaunlichem Geschick, mit unübertrefflicher Meisterschaft auf dem Gebiete der Technik verwirklicht; heroischer Unternehmungsgeist, freilich oft genug mit beispielloser Rücksichtslosigkeit gepaart, bricht sich immer neue Bahnen, führt zur Erwerbung kolossaler Vermögen, allerdings nicht selten über Tausende ruinierter Existenzen hinweg und nicht ohne dass die Moral trauernd zur Seite stehen müsste; neben bewundernswerten Schöpfungen philanthropischen Geistes tritt krassester Egoismus zutage, der im Nebenmenschen nur ein Objekt der Ausnützung, nicht aber ein fühlendes Wesen erblickt; gewissenhafter Bemühung machen marktschreierische Reklame und unnachahmlicher Humbug jeden Fuß breit des Erfolges streitig, hart neben redlichem Gewerbe wird ein wüster Tanz um das goldene Kalb aufgeführt, das hier die Gestalt des Dollars angenommen hat; ernstes Streben, geordnete öffentliche Zustände zu schaffen und zu erhalten. wird nur zu oft durch eine die maßgebenden Kreise durchsetzende Korruption wettgemacht, die mitunter selbst den Richterstand ergreift, so dass an Stelle gesicherter Rechtshilfe Selbsthilfe der rohesten Form tritt.

In allen Erscheinungen, welche den Charakter der Bevölkerung der Vereinigten Staaten zum Ausdruck bringen, ist — ich wiederhole dies — die Veranlagung in das Große ein hervorstechender Zug. der, mögen die verschiedenen Manifestationen desselben mitunter sogar abstoßend sein, immer interessant bleibt. Es liegt im Bürger der Union der Ansatz zum Überlebensgroßen, zum Übermenschen, den ihm die umgebende Natur eingeimpft hat. Wie es aber dieser an dem Zauber poetischer Verklärung fehlt, so gebricht es den Menschen an dem intimen Reize der Persönlichkeit, an der Wärme des Wesens; sie haben mir den Eindruck kalter Individualitäten gemacht, da ich an ihnen die Liebenswürdigkeit des Herzens sowie die Gemütlichkeit des Sinnes vermisste — Eigenschaften, welche uns die Menschen erst sympathisch werden lassen, mögen wir sonst auch noch so viel Ursache haben, ihnen unsere Anerkennung, vielleicht auch Bewunderung nicht zu versagen. Die Kulturvölker der alten Welt sind nicht von Sentimentalität angekränkelt, sie mussten den Kampf ums Dasein auch lernen; aber Herz und Gemüt haben, namentlich in der geliebten Heimat, hierunter nicht nur nicht gelitten, sondern sind gleichberechtigte, mildernde, wohltuende Faktoren neben dem denkenden Verstand, neben dem entschlossenen Willen geblieben.

Ein kleiner Schleppdampfer bugsierte die „Bretagne“ aus ihrer Vertäuung, dann setzte sich die Maschine des Schiffes in Bewegung, und wir fuhren stromabwärts, vorbei an den Häusermassen von New York und Brooklyn, an den vielen Schiffen in der Upper Bay, endlich zwischen Staten Island und Long Island hindurch und um Coney Island in den Ozean hinaus.

Vor Sonnenuntergang sollte uns noch ein schönes maritimes Schauspiel zuteil werden, da an diesem Tag die bedeutendste der nordamerikanischen Segelregatten, jene um den Preis des New Yorker Yacht-Clubs abgehalten wurde und die beiden besten Yachts der Vereinigten Staaten und Großbritanniens, die „Vigilant“ und die „Walkyrie“ um den Sieg stritten. Schon den ganzen Tag über war New York in fieberhafter Erregung darüber gewesen, welche von den beiden den Preis erkämpfen werde, eine Erregung, die hier in allen Fällen herrscht, wo es sich um irgend eine Konkurrenz zwischen den Amerikanern und den Engländern handelt. Die Regatta hatte eben ihr Ende erreicht. Schon kamen uns die mit den Zuschauern dieses Seefestes beladenen Schiffe entgegen, und alsbald konnten wir uns überzeugen, dass die Palme den Vereinigten Staaten zugefallen war; denn die an uns vorbeieilenden Dampfer der Union hatten — ein Zeichen nationaler Begeisterung — Flaggengala gehisst und überall erschollen Jubelrufe, wurden Tücher und Hüte geschwenkt. Wir genossen eine Art Flottenrevue, da auf wenige hundert Meter wohl an die zweihundert mit Menschen vollgepfropfte Dampfer der verschiedensten Art, vom ungeschlachten Hudson Steamer an bis zu zierlichen Dampf-Yachten, zu beiden Seiten der „Bretagne“ vorbeischossen, um eilends die Freudenbotschaft den harrenden Freunden zu bringen. Jeder der Dampfer suchte den anderen zu überholen, ja auch hier wurde der Wetteifer zum regelrechten Kampf, und mitunter dampften vier bis fünf Schiffe auf gleicher Höhe an uns vorüber, während all die Leute an Bord schrien und johlten und einige der Dampfer Freudenschüsse lösten. Weiterhin kamen die beiden Renn-Yachten mit gerefften Segeln im Schlepp heran, bis endlich nach Ablauf von weniger denn einer halben Stunde der ganze, tolle Zug vorübergerauscht war und in der Richtung gegen New York zu all die Schiffe nur noch als kleine Pünktchen am Horizont sichtbar waren.

Schließlich waren auch die von den qualmenden Schloten emporsteigenden Rauchwölkchen verflogen und ringsum nichts mehr zu sehen als die glatte See, auf der wir ruhig mit nordöstlichem Kurs weiterfuhren, bald umhüllt von dem Schatten der sinkenden Nacht.

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  • Ort: New York, New York, USA
  • ANNO – am 07.10.1893 in Österreichs Presse.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater spielt das Stück „Der kleine Mann“, während das k.u.k. Hof-Operntheater „A Santa Lucia“ und andere Stücke aufführt.

New York, 6 October 1893

During the night we drove at great speed past many cities and numerous large establishments noticeable by their electric lights that rushed like a flash past our compartment windows. When it became morning, we were driving alongside the Hudson river that we did not leave again until New York. Dense fog blocked the view on the opposite shore and only on our shore we saw many ships going up- and downriver.

At the station in New York and at Hotel Windsor numerous reporters were awaiting me whose efforts however proved in vain here too. I preferred to receive our ambassador and consul general Havemeyer during which the latter, one of the richest persons of New York, invited me to visit his farm the next day.

A closer inspection of our baggage showed the wretched condition caused by the rough treatment by the American railways. No less unpleasant was the fact that the mail due had not arrived, so that we had to give up hope to receive the with certainty expected mail before our just impending departure.

It would be impossible to consider it a true visit of New York as we could only intend to catch an overview on the fly, an instantaneous picture. To this purpose we steered first to the Pulitzer Building with its World’s Office near to City Hall Park in the center of the older part of the city. This was the office space of one of the largest newspapers that was born here every day in a print run of half a million copies. The palace-like building rises 94 m high into the air with 17 floors and is crowned by a mighty cupola. From here one gains an excellent overview of the city from the spot where in 1624 the Dutch West Indian Company had founded the first permanent settlement that has grown into the largest and richest community of the New World and is second only to London as a trading and finance center. Together with Brooklyn, Jersey as well as some suburbs it has 3.5 million inhabitants.

Like a plastic plan the complex of cities lies in front of us. First New York proper on Manhattan island that is enclosed by the North River or Hudson and the East River. To the East rises Brooklyn, to the West, Jersey City, in between extends the wide-ranging Upper Bay with the colossal Statue of Liberty, a gift of the like-minded French Republic, on Bedloe’s Island. In the distance one can see Staten Island and Coney Island that almost seemed to disappear in the  mist. In the harbor and in both rivers ships of all sizes and nations were mingling, from the small sailing cutter and the five mast ship to the fast bowers and the Atlantic Ocean steamers.

While the lower and older part of the city has been built in an irregular pattern, the streets narrow and crooked, above 13th street, regularity with traffic veins crossing at right angles is celebrating its perfect triumph. Only Broadway, the old main street and artery of New York, extending from the South-east to the Northwest, and Central Park interrupt the monotony of the urban landscape. Nevertheless the city is imposing due to the greatness of its sobriety and the power of its dimensions — beautiful I can not call it.

Four elevated trains, tramways, buses and wagons of all kinds rushed through the streets and processed the enormous local traffic as did the numerous steamboats in the harbor and on the rivers. Flowing like dark streams, masses of humans creep into all directions of the extended city.

While we looked down from a vertigo inducing sky-high location upon the cities that prosper and grow, one experiences a sentiment of awe about the highest being that is living and ruling here — the almighty dollar!

The sketch of the city received from a bird’s eye view we managed to enlarge by forceful strokes by driving through some of the most important parts of the city. In an older settlement, the business life is united, here rules „business“ where millions are born. Broadway leads, like a funnel, these lovely children of the South to the upper regions of the city and society where the golden fruits are consumed in most convenient comfort, in princely splendor, in feastful luxury. The distance between production and consumption of the millions is only 8 km as that is the length from Broadway to Central Park around which boulevards continue.

In the lower part traffic rises to a level numbing the senses, a crazy chase in pursuit of happiness, of the dollar. The closer Broadway is to the uptown the more numerous, the more gleaming and the richer are the sales palaces and shops. This is the place of those who are wealthy enough to buy the treasures offered. Between 23th and 25th street, Broadway crosses Fifth Avenue, which at its Southern end also serves business purposes, that is the true center of the moneyed aristocracy, the millionaires and thus the heart of New York. Fifth Avenue has been spared up to from having an elevated railroad or a tramway. Stately private residences, proud palaces alternate here. It was also attempted to build artistically beautiful structures but without any success as the construction style is,   generally speaking, the same and the brown sandstone used as building material does not manage to produce an effect.

As a speciality of the appearance of the streets were the numerous bars that offer the clients all kinds of more or less mixed drinks. „Hoffmann’s house“ is contributing by showing its clients images of European artists that would have merited a more dignified location.

In the United States, they love in a case of overestimation of their worth and self-love to postulate every work, every invention, every institution to be the best, the greatest of the world and the slogan „the first of the world“ one encounters everywhere even though that label is not always correct.  Applied to the East River Bridge or Brooklyn Bridge, as it is also called, one can not deny the justification of such a superlative. We were in fact seeing the largest suspension bridge in the world. A masterwork of technology that connects New York and Brooklyn, is 1825 m long and 26 m wide. The bridge rises 41 m above the river level so that the ships could pass below it without having to take down their masts. In the middle, there is a pedestrian boardwalk flanked on both sides by railway tracks and two driving lanes. Driving at a trot, it took us nearly 13 minutes to get from one end of the bridge to the other.

The further journey completed the view of numerous noisy advertisements in flashy colors in all dimensions and forms that offered an impression of busy activity attaining its full capacity. The absence of gardens as well as green squares could not displace the feeling of sobriety that some statues could not undo, least of all that of Garibaldi.

Just after breakfast we visited Central Park, New York’s Prater, where the rich society shows up and meets in the afternoon. Proudly we were informed that the garden site, enclosed by a low stone wall, had been transformed out of a swampy and rocky terrain at a cost of 15 million dollars. The extended park appears to be a real refreshment of fresh green trees, among them namely numerous varieties of oaks, and lawns. The picturesquely arranged clumps of trees and clearances and multiple ponds, among the Croton Reservoirs, create much diversion.

The Mall, a broad lane enclosed by mighty elms and ornamented by a row of sculptures offers during the season the opportunity to show off in splendid drives in which the millionaires of  New York present themselves. The rent carriages and equipages were pulled by remarkably beautiful horses — an observation that I could already notice during our tour of the city. I also saw that even the horses of the freight carriages were good specimens. The carriages themselves, however, that rolled past us in the park did deserve my applause only to a lesser degree. While they were built luxuriously, they lacked both in appearance and elegance of form. Also I was not particularly delighted by the numerous riders and Amazons who were dashing by towards uptown and downtown.

The dinner we ate at Delmonico’s on Madison Square, a restaurant of the undisputed first rank and famous in wide circles that offered us not only roast beef and lamb chops but exquisite products of French cuisine. Distinguished guests were crowded in the elegant rooms.

We ended the evening in the Koster and Bial’s variety theater, that was connected to a restaurant. We attended a show that is similar to what is offered in the Viennese Ronacher establishment and were quite pleased to see three female singers, apparently from Austria, perform the „Blue Danube“. Less inspired were we by a ballet shown at the end that had a party at the court of Louis XIV as a scheme. The decoration and performance was found as wanting as the female dancers most of whom had ended their youthful days quite some time ago.

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  • Location: New York, New York, United States
  • ANNO – on 06.10.1893 in Austria’s newspapers.
  • The k.u.k. Hof-Burgtheater is playing the tragedy „Othello“. The k.u.k. Hof-Operntheater is performing the opera „Margarethe (Faust)“.

New York, 6. Oktober 1893

Die Nacht hindurch fuhren wir mit rasender Schnelligkeit an vielen Städten und an zahlreichen großen Etablissements vorbei, was wir an dem elektrischen Licht erkannten, welches blitzartig an unseren Coupefenstern vorbeihuschte. Als der Morgen angebrochen war, eilten wir am Ufer des Hudson dahin, den wir bis New York nicht mehr verließen; dichter Nebel verschleierte das gegenüberliegende Ufer und nur auf unserer Seite sahen wir viele zuberg und zutal fahrende Schiffe.

Auf dem Bahnhof in New York und im Hotel Windsor harrten meiner zahlreiche Reporter, deren Bemühungen jedoch auch hier vergebliche blieben. Ich zog es vor, unseren Gesandten und den Generalkonsul Havemeyer zu empfangen, bei welchem Anlasse letzterer, eine der reichsten Persönlichkeiten New Yorks, mich einlud, am nächsten Tag seine Farm zu besichtigen.

Eine nähere Untersuchung unseres Gepäckes offenbarte uns dessen durch die rüde Behandlung auf den amerikanischen Bahnen eingetretenen desolaten Zustand. Nicht weniger unerfreulich berührte, dass eine fällige Post nicht eingetroffen war, so dass wir die Hoffnung, die mit Bestimmtheit erwartete Sendung noch zu erhalten, der unmittelbar bevorstehenden Abreise wegen aufgeben mussten.

Von einer Besichtigung New Yorks konnte nicht die Rede sein. es galt also nur im Flug ein Gesamtbild, eine Momentaufnahme zu erhaschen. Zu diesem Zweck steuerten wir nach dem nächst City Hall Park im Zentrum des älteren Stadtteils gelegenen Pulitzer Building mit dem World’s Office, den Geschäftsräumen einer der größten Zeitungen, die alltäglich in der Auflage von einer halben Million Exemplaren hier das Licht der Welt erblickt. Der palastähnliche Bau ragt mit 17 Stockwerken bis zur Höhe von 94 m empor und wird von einer mächtigen Kuppel gekrönt. Von hier gewinnt man einen vortrefflichen Überblick über die Stadt, welche dort, wo im Jahre 1624 durch die Holländisch-westindische Kompanie die erste dauernde Niederlassung gegründet worden ist, zu dem größten und reichsten Gemeinwesen der neuen Welt, zu einem nur London nachstehenden Handels- und Geldplatz geworden ist und heute mit Brooklyn, Jersey sowie mit einigen Vororten 3,5 Millionen Einwohner zählt.

Wie ein plastischer Plan liegt der Komplex von Städten unter uns; zunächst das eigentliche New York auf der Manhattan-Insel, welche vom North River oder Hudson und vom East River bespült wird; östlich erhebt sich Brooklyn, westlich Jersey City; zwischen diesen erstreckt sich die ausgedehnte Upper Bay mit der kolossalen Freiheitsstatue, einem Geschenk der ideenverwandten Französischen Republik, auf Bedloe’s Island; in der Ferne sieht man Staten Island und Coney Island, die bereits im Nebel zu verschwinden scheinen. Im Hafen wie auf beiden Flüssen tummeln sich Schiffe aller Größen und aller Nationen, der kleine Segelkutter und der Fünfmaster, die schnellen Bowers und die Atlantic-Dampfer.

Während der untere und ältere Teil der Stadt unregelmäßig erbaut ist, die Straßen enge und krumm dahinziehen, feiert oberhalb der 13. Straße die Regelmäßigkeit der Anlage in den sich im rechten Winkel schneidenden Verkehrsadern den vollendetsten Triumph. Nur der Broadway, die alte Hauptstraße und Schlagader New Yorks, welche sich vom Südosten nach dem Nordwesten erstreckt, und der Central Park unterbrechen die Monotonie des städtischen Bildes. Gleichwohl ist dieses durch die Großartigkeit seiner Nüchternheit sowie durch die Mächtigkeit seiner Dimensionen imponierend — schön kann ich es nicht nennen.

Vier Hochbahnen, Tramways, Omnibusse und Wagen aller Arten durcheilen die Straßen und bewältigen ebenso wie die zahlreichen Dampffähren im Hafen und auf den Flüssen, den enormen lokalen Verkehr. Dahinfließenden dunklen Strömen gleich schieben sich Menschenmassen nach allen Richtungen des Weichbildes.

Während wir aus schwindelnder Höhe auf die Städte herabblickten, welche da blühen und wachsen, wurden wir von einem Gefühle der Ehrfurcht ergriffen vor jenem höchsten Wesen, welches hier lebt und regiert — vor dem allmächtigen Dollar!

Die aus der Vogelperspektive gewonnene Skizze durch einige kräftigere Striche ergänzen zu können, durchfuhren wir die Stadt in einigen ihrer bedeutendsten Teile. In der älteren Ansiedlung vereinigt sich das geschäftliche Leben, hier herrscht das „Business“, ist die Geburtsstätte der Millionen.

Der Broadway leitet, einem Saugrohr gleich, diese lieblichen Kinder des Südens nach den oberen Regionen der Stadt und der Gesellschaft, dorthin wo die goldenen Früchte in behaglichstem Komfort, in fürstlicher Pracht, in schwelgerischem Luxus verzehrt werden. Der Abstand zwischen Production und Konsumtion der Millionen beträgt nur 8 km; denn in dieser Länge erstreckt sich der Broadway bis zum Central Park, um von hier als Boulevard weiter zu laufen. In dem unteren Teil entwickelt sich ein sinnbetäubendes Verkehrsleben, eine wahnwitzige Jagd nach dem Glück, nach dem Dollar. Je mehr der Broadway sich der oberen Stadt nähert, um so zahlreicher, glänzender, üppiger werden die Verkaufspaläste und Läden, Stores; hier ist der Bereich derjenigen, welche die ausgelegten Schätze wohl zu erwerben vermögen. Zwischen der 23. und 25. Straße kreuzt der Broadway die Fifth Avenue, die, in ihrem südlicheren Teil gleichfalls dem geschäftlichen Leben dienend, von der 42. Straße an den eigentlichen Sitz der Geldaristokratie, der Millionäre und hiedurch das Herz von New York bildet. Die Fifth Avenue ist von einem Elevated Railroad und einer Tramway bisher noch verschont geblieben; stattliche Privathäuser, stolze Paläste reihen sich hier aneinander; man hat auch den Versuch gemacht, künstlerisch schöne Bauwerke zu errichten, aber keinerlei Erfolg erzielt, da der Baustil im ganzen und großen der gleiche ist und der als Material verwendete braune Sandstein keinen Effekt hervorbringt.

Als Spezialität des Straßenbildes dürfen die zahlreichen Bars angesehen werden, welche dem Publicum allerlei mehr oder weniger kombinierte Getränke bieten; „Hoffmanns Haus“ tut ein übriges, indem es seinen Gästen auch den bildnerischen Anblick europäischer Künstler ermöglicht, die wohl eine würdigere Stätte verdient hätten.

In den Vereinigten Staaten liebt man es, in Anwandlungen von Selbstüberschätzung und Eigendünkel von jedem Werke, jeder Erfindung, jeder Institution zu behaupten, dass hiemit das Beste, das Größte der Welt geboten sei und dem Schlagwort „the first of the world“ begegnet man allenthalben, obwohl diese Bezeichnung nicht immer zutrifft; in Anwendung auf die East River-Brücke oder Brooklyn-Brücke, wie sie auch genannt wird, ist jedoch. die Berechtigung jenes Superlatives nicht wegzuleugnen. Wir hatten hier in der Tat die größte Hängebrücke der Welt vor uns; ein Meisterwerk technischer Kunst, ist diese Verbindung zwischen New York und Brooklyn 1825 m lang und 26 m breit, die Brücke erhebt sich 41 m über den Flutwasserstand, so dass die Schiffe unter derselben passieren können, ohne die Stengen zu streichen; in der Mitte ist ein erhöhter Fußweg angelegt, zu dessen Seiten zwei Bahngeleise und zwei Fahrstraßen angeordnet sind. Im Trab fahrend, brauchten wir beinahe 13 Minuten, um von dem einen Ende der Brücke zum anderen zu gelangen.

Die weitere Rundfahrt vervollständigte durch den Anblick zahlloser, in bunten Farben, in allen Dimensionen und Formen prangender, marktschreierischer Reklamen den Eindruck geschäftlicher, auf ihrem Höhepunkt angelangter Betriebsamkeit und durch den Mangel an Gärten sowie an grünenden Plätzen jenen der Nüchternheit, welchen einige Standbilder nicht zu bannen vermögen, jenes von Garibaldi wohl am wenigsten.

Unmittelbar nach dem Frühstück besuchten wir den Central Park, den Prater New Yorks, woselbst sich nachmittags die reiche Welt Stelldichein gibt. Mit Stolz wurde uns berichtet, dass die durch eine niedrige Steinmauer umfriedete Gartenanlage einem sumpfigen und felsigen Terrain mit dem Aufwand von 15 Millionen Dollars abgerungen worden sei. Der ausgedehnte Park erscheint als wahres Labsal durch das frische Grün der Bäume, worunter namentlich zahlreiche Varietäten von Eichen, und der Rasenplätze, durch die malerisch angeordneten Baumgruppen und Lichtungen; mehrere Teiche, darunter die Croton Reservoirs tragen zur Abwechslung bei.

Die Mall, eine breite, von mächtigen Ulmen eingefasste und durch eine Reihe von Bildwerken geschmückte Fahrbahn, bietet in der Season Gelegenheit zu glänzenden Auffahrten, zur Schaustellung der Millionäre New Yorks. Den Mietwagen und Equipagen sahen wir auffallend schöne Pferde vorgespannt — eine Beobachtung, die ich schon während der Rundfahrt durch die Stadt machen konnte, wie ich denn auch wahrgenommen hatte, dass selbst die Pferde der Lastwagen sich als gar stattliche, gute Exemplare präsentieren. Hingegen errangen die Wagen, welche im Park an uns vorbeirollten, meinen Beifall nur in minderem Grade, da sie zwar luxuriös gebaut sind, aber der Gefälligkeit und Eleganz in der Form entbehrten. Auch von den zahlreichen Reitern und Amazonen, die auf- und niedersprengten, war ich nicht sonderlich entzückt.

Das Diner nahmen wir bei Delmonico, auf dem Madison Square, einem Restaurant, welches sich unbestritten des ersten Ranges sowie weitreichender Berühmtheit erfreut und uns nicht nur Roastbeef oder Lammkoteletten, sondern auch auserlesene Produkte französischer Küche bot; distinguiertes Publikum füllte die eleganten Räume.

Den Abend beschlossen wir in Koster und Bials Variete-Theater, womit eine Restauration in Verbindung steht. Wir wohnten hier einer Vorstellung nach Art jener bei, wie sie im Wiener Etablissement Ronacher geboten werden, und waren nicht wenig erfreut, als drei Sängerinnen, dem Anschein nach Österreicherinnen, die „Blaue Donau“ vortrugen. Minder angeregt fanden wir uns durch ein am Schluss aufgeführtes Ballett, welches ein Fest am Hofe Ludwig XIV. zum Vorwurf hatte; die Ausstattung und die Darstellung ließen ebenso viel zu wünschen übrig, wie die Tänzerinnen, die den Jugendjahren zumeist schon seit längerer Zeit entwachsen waren.

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  • Ort: New York, New York, USA
  • ANNO – am 06.10.1893 in Österreichs Presse.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater spielt das Stück „Othello“, während das k.u.k. Hof-Operntheater die Oper „Margarethe (Faust)“ aufführt.

Niagara Falls — New York, 5. Oktober 1893

Vormittags besuchte ich einige der zahlreichen Kuriositätenläden der Stadt, welche, nach den Preisen zu schließen, auf die Ausbeutung der Fremden berechnet sind; die interessanteren, von Indianern herrührenden Gegenstände sind unerschwinglich. Die Fälle existieren hier in zahllosen photographischen Aufnahmen, und möchte ich fast behaupten, dass erstere im Bild noch wirkungsvoller sind als in der Natur. Ausgestopfte Tiere in den unglaublichsten Stellungen scheinen einen beliebten Kaufartikel zu bilden.

Der Rundsicht nach allen Richtungen dient ein beinahe 100 m hoher eiserner Turm, dessen Spitze mit einem Lift binnen weniger Sekunden erreicht ist; doch musste auch hier mit Bedauern konstatiert werden, dass es an landschaftlichen Reizen fehlt und das Auge nur über eine langweilige, mit Ortschaften übersäete Ebene schweift.

Von dem auf kanadischem Ufer gelegenen Rapids Park steigt man mittels einer Drahtseilbahn zu den Stromschnellen, den Whirlpool Rapids hinab. Die gewaltige Wassermasse wogt daselbst, hohe Wellen aufwerfend, durch die verengte Schlucht dahin und nimmt, da sie in derselben nicht genügend Raum findet, tatsächlich eine konvexe Form an. Hier büßte im Jahre 1883 Captain Webb bei dem Versuch, die Stromschnellen zu durchschwimmen, sein Leben ein; einem Nachfolger. der sich jedoch zu dem gleichen Zweck in ein Fass einschließen ließ, gelang in späterer Zeit das tollkühne Wagnis. Dass Blondin die Fälle auf dem Seil überschritten hat, ist bekannt.

In jeder Beziehung höchst interessant ist die Fahrt auf einem kleinen Dampfer, welcher von dem auf dem amerikanischen Ufer gelegenen Prospect Park aus beinahe bis unter den Hufeisenfall steuert, so dass der aufgeworfene dichte Wasserstaub das ganze Deck überspült: mit großem Geschick fährt der Kapitän so nahe als möglich an den Fall heran, dass das Schifflein auf den Wirbeln und Wellen tanzt und der Beschauer von dem im Sonnenlicht grell leuchtenden Gischt förmlich geblendet wird. Während der Fluss an anderen Stellen eine dunkelgrüne Färbung zeigt, ist hier alles weiß in Weiß — die herabstürzenden Massen, der Wasserstaub und die zahllosen Wirbel, die wie siedendes Wasser aufschäumen. Der dumpfe, tosende Lärm, der aus nächster Nähe an das Ohr dröhnt, wirkt sinnverwirrend.

Der Dampfer trägt den Namen „Maid of the Mist“ zur Erinnerung an eine alte Sage, welche erzählt, dass die Indianer seinerzeit alljährlich dem Gott des Falles das schönste Mädchen des Stammes opferten; dieses wurde in ein blumengeschmücktes Kanu gesetzt und so über die Fälle in den Tod getrieben. Als einst die Lieblingstochter eines Häuptlings diesem Los verfiel, stürzte der unglückliche Vater ihr nach und verschwand mit seinem Kind im tosenden Fall. Im Lauf der Zeit wurde diese Sage geändert und ausgeschmückt, die Indianerin verwandelte sich in eine Fee, die jene aufnimmt, die aus Unvorsichtigkeit oder freiwillig im Niagara den Tod finden; denn alljährlich fordert der Strom zahlreiche Opfer.

Prospect Point, ein mit einer schützenden Steinmauer versehener Aussichtspunkt des gleichnamigen Parkes, liegt unmittelbar am Rande des amerikanischen Falles und bietet dem Besucher die Möglichkeit, zu seinen Füßen die ungeheuere Wassermenge, in weißen Staub aufgelöst, über die Felsen stürzen zu sehen. Ostwärts schreitend erreichten wir die Brücke, welche nach Bath Island führt, und von hier über eine zweite Brücke Goat Island, das, durch reiche Baumvegetation geschmückt, zahlreiche Aussichtspunkte, unter diesen als bemerkenswertesten den dicht neben dem Hufeisenfalle gelegenen Terrapin Rock, besitzt.

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Niagara Falls — New York, 5 October 1893

In the morning I visited some of the numerous curiosity shops of the city that, given their prices, seemed to be set up to exploit the strangers. The more interesting Indian made objects are  exorbitant. The falls are present here in numerous photographic images, and I might argue that they look even more effective in the image than in nature. Stuffed animals in the most incredible positions seem to be a popular souvenir article.

For a panoramic view in all directions, a nearly 100 m tall iron tower has been built whose top one reaches with an elevator in only a few seconds. But here too one has to regretfully note that scenic attractions were missing and the eye is only glancing over a boring plain full of villages.

From Rapids Park on the Canadian shore one descends in a funicular railway to the rapids called Whirlpool Rapids. The huge water mass is heaving, creating huge waves, through the narrowing gorge and even takes on a convex form as it doesn’t find enough space. Here Captain Webb died in 1883 while attempting to swim the rapids. A successor who however had himself enclosed in a barrel for the same purpose succeeded in this daredevil venture. It is well known that Blondin crossed the falls on a rope.

In every aspect very interesting is the drive of the small steamboat that steers from the American shore at Prospect Park to close the Horse Shoe fall, so that the accumulated dense water mist is spilling around the whole deck. With great skill the captain drives as close as possible to the waterfall so that the small ship is dancing on the whirls and waves and the spectators are really blinded by the bright sunlight reflected in the spray. While the river has a dark green color in other places, here everything is white — the crashing masses, the water mist and the numerous whirls that are foaming like boiling water. The dull roaring noise booming into the ears from up close confuses the senses.

The steamboat is named „Maid of the Mist“ in commemoration of an old tale that says that the Indians used to sacrifice the most beautiful girl to the god of the fall every year. She was put in a canoe decorated with flowers and then sent over the fall to her death. When fate had selected a chief’s favorite daughter, the desperate father rushed after her and disappeared together with his child in the roaring fall. In time the tale was changed and embellished, the Indian girl was turned into a fairy who adopts those who die in the Niagara either due to their imprudence or voluntarily. Every year, the river claims numerous victims.

Prospect Point is a sightseeing spot with a protective stone wall in the eponymous park situated just at the edge of the American fall and offers the opportunity for the visitors to see  at their feet the huge water masses crash down over the rocks, dispersed into white mist. Walking Eastwards we reached the bridge that leads to Bath Island and from there on by a second bridge to Goat Island, that had numerous sightseeing spots and a rich tree vegetation, among which Terrapin Rock next to the Horse Shoe Fall was the most remarkable.

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  • Location: Niagara Falls, New York, United States
  • ANNO – on 05.10.1893 in Austria’s newspapers.
  • The k.u.k. Hof-Burgtheater is playing the tragedy „Die neue Zeit“. The k.u.k. Hof-Operntheater is performing the opera „Aida“.
  • A song by Gareth Liddiard about Blondin crossing the Niagara on a rope and preparing an omelette:

Niagara Falls, 4. Oktober 1893

Die Nachtruhe wurde abermals durch die mit dem Verschieben verbundenen, heftigen Stöße empfindlich gestört; auch konnten wir am Morgen wieder den Verlust mehrerer Weinflaschen sowie die Verletzung eines der uns bedienenden Neger, welcher durch die Wucht eines Anpralles gegen die Waggonwand geschleudert ward, konstatieren.

Wir hatten Chicago kaum mit dem Michigan Central Railroad verlassen, um dem nächsten Reiseziele, den Niagarafällen, zuzufahren, als wir in das Gebiet des Staates Indiana und dann in jenes von Michigan eintraten; bei Detroit übersetzten wir mit dem Eisenbahnzug auf einem großen Trajectschiffe den Detroit River, der den Huron- und den kleinen St. Clair-See mit dem Erie-See verbindet, und erreichten endlich bei Windsor das Gebiet der kanadischen Provinz Ontario.

Der Tag war schön und die Gegend sehr anmutig, da Waldungen und Waldparzellen mit Farmen, Obstgärten und Feldern abwechselten; die Bäume trugen allenthalben bereits das herbstliche Kleid, das viel intensiver als unter unserem Himmelsstrich gefärbt war und sich an den zahlreichen Eichen und Ahornen in auffallend schönem, vom hellen Zinnober bis zum dunklen Purpur variierendem Rot zeigte, wirksam gehoben durch das Gelb und Braun der Pappeln und Kastanien. Die Obstbäume, unter welchen ein scharlachroter Ailanthus wucherte, waren mit Früchten behangen.

Trotz dieser hübschen Bilder, an denen wir uns nicht satt sehen konnten, bedauerte ich, nicht wie sonst am 4. Oktober hoch oben in den Kärntner Bergen weilen zu können, um hier in meiner kleinen Jagdhütte reine Luft zu schöpfen und mich, von meldenden Hirschen umgeben und vom Jägerjungen sowie vom Schweißhunde begleitet, ungetrübten Naturgenusses zu erfreuen, das Auge an der unvergleichlichen Landschaft unserer Alpen weidend. Der Mensch hängt eben an seinen Gewohnheiten und vermisst schwer, was er liebgewonnen.

Das plötzliche Anhalten des Zuges riss mich aus meinen Betrachtungen, alles rief: „Der Niagara, der Niagara“. Die Bahnverwaltung hat einen Aufenthalt von wenigen Minuten eingeschaltet, um den Reisenden einen Blick auf den Fall zu ermöglichen, der mich im ersten Moment enttäuschte, ernüchterte; denn schon seit meiner frühesten Jugend hatte sich in mir eine Vorstellung dieses Naturwunders ausgestaltet, die in grellem Widerspruch mit der Wirklichkeit stand. Der Fluss stürzt in einer ganz flachen Gegend, aus welcher Städte, Hotels und rauchende Fabriksschlote aufragen, über einen Felsabsatz, der einem ungeheueren Wehr nicht unähnlich ist, hinab. Trotzdem leugne ich nicht, dass dieser mächtigste Wasserfall der Erde einen durchaus großartigen Charakter an sich trägt, der aber allerdings in meinen Augen durch den Mangel der landschaftlichen Szenerie stark verliert; es fehlt eben der dieses Bildes würdige Rahmen.

Der Niagara River ist der Abfluss des Superior-, Michigan-, Huron- und Erie-Sees und besitzt, auf seinem 58 km langen Lauf um 100 m abfallend, eine reißende Geschwindigkeit; am Rand des Falles wird das Flussbett durch Goat Island geteilt und bilden sich daher zwei Fälle, nämlich der 322 m breite, amerikanische und der 915 m breite, gekrümmte Horse Shoe oder kanadische Fall. Die Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Kanada geht mitten durch den Horse Shoe-Fall; beide Fälle ergießen in einer Minute 425.000 m³ Wasser zutal. Unterhalb der Fälle verengt sich der Fluss und bildet tosende Stromschnellen, die man von der hohen Cantilever Bridge der Michigan Central Railroad übersieht, einer freischwebenden Brücke, welche den Niagara übersetzt, ohne auf Pfeilern zu ruhen. Etwa 90 m weiter flussabwärts ist die Railway Suspension Bridge gespannt, eine Kettenbrücke, die unterhalb des Bahngeleises noch eine Brücke für den Straßenverkehr trägt.

Der Zug macht, nachdem er über die Cantilever Brücke auf amerikanisches Gebiet gelangt ist, außerhalb der Stadt Niagara Falls halt, welche ihr Entstehen und ihren Bestand weniger den industriellen Etablissements, als dem Fremdenzufluss verdankt; kommen doch jährlich über 400.000 Besucher hieher.

Alsbald verfügten wir uns nach dem auf kanadischem Ufer gelegenen Queen Victoria Niagara Falls Park, der sich 4 km weit den Fluss entlang zieht, und, wohlgepflegt sowie mit saftig grünem Rasen und mächtigen Bäumen geschmückt, allenthalben prachtvolle Ausblicke auf die Fälle bietet. Table Rock ist der Punkt, von dem aus gesehen der Hufeisenfall die bedeutendste Wirkung hervorbringt; mit betäubendem Getöse stürzt die Wassermasse ab, während der feine Wasserstaub, in welchen die Sonne prächtige Regenbogen webt, hoch aufgewirbelt wird.

In einem naheliegenden Haus erhält man Kautschukanzüge, die nur das Gesicht freilassen, fährt dann mit einem Elevator zum Fuß des Falles, passiert hier zuerst eine Höhle und schreitet dann auf einem schmalen Steg zwischen den Felsen und den donnernden Wassermassen weiter. Es war ein eigentümliches, fast möchte ich sagen beengendes Gefühl, das wir, inmitten der tosenden Gewässer an eine Felswand gelehnt, empfanden; unsere Stimmen vermochten den gewaltigen Lärm nicht zu übertönen, und von Zeit zu Zeit erhielten wir aus bedeutender Höhe eine Dusche nach der anderen. Die Felsen bestehen hier aus Sandstein und sehr brüchigem Schiefer, von dem sich unausgesetzt größere Stücke ablösen, so dass das Gefühl der Sicherheit beim Vorwärtsschreiten stark beeinträchtigt wird. Auf Stufen und Leitern und unter häufigem Ausgleiten auf den schlüpfrigen Steinen klommen wir noch ungefähr 30 m tiefer, kamen wieder vor den Fall und konnten uns hier, durch ein ausgiebiges Sturzbad begrüßt, neuerdings an der Großartigkeit des Schauspieles erfreuen. Äußerst effektvoll war die von den Strahlen der untergehenden Sonne hervorgezauberte rötliche Beleuchtung des Falles.

Mein Namenstag wurde beim Diner im Waggon gefeiert, worauf wir uns einen vergnüglichen Abend in der vielgepriesenen Music Hall von Niagara Falls machen wollten; doch war der hier gebotene Kunstgenuss höchst mäßig und auch das Publikum von der geringsten Sorte.

Links

  • Ort: Niagara Falls, Ontario, Kanada
  • ANNO – am 04.10.1893 in Österreichs Presse.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater spielt das Stück „Landfrieden“, während das k.u.k. Hof-Operntheater „A Santa Lucia“ und anderes aufführt.

Niagara Falls, 4 October 1893

The sleep was again severely interrupted by the heavy blows during the switchovers. In the morning we could again note the loss of multiple wine bottles and the injury of one of our serving Negroes who had been thrown against the wagon wall by the impact.

We had barely left Chicago on the Michigan Central Railroad towards our next destination, the Niagara Falls,  when we entered the territory of the states of Indiana and later that of Michigan. Near Detroit we crossed in the railway train the Detroit river on a large traject ship. The Detroit River connects Lake Huron and the smaller  Lake St. Clair with Lake Erie. And we finally reached at Windsor the territory of the Canadian province of Ontario.

The day was beautiful and the area quite charming as forests and forest lots alternated with farms, fruit gardens and fields. The trees were already bearing their autumn dress that was much more intensively colored than in our hemisphere and showed itself in the numerous oak and maple trees in a remarkably beautiful red varying from a light vermilion to a dark crimson and effectively contrasted by thee yellow and brown of the poplars and chestnuts. The fruit tress, among them a scarlet Ailanthus, were bearing fruits.

Despite these pretty images of which we could never see enough, I regretted not to spend the 4th October as usual high up in the Carinthian mountains in order to breathe clear air in my small hunting lodge and to enjoy pure nature, surrounded by the calling deer and hunting boys and bloodhounds and let the eye glance upon the incomparable landscape of our Alps. Man is thus devoted to his habits and misses what he cherishes.

The sudden stop of the train tore me out of my thoughts and everything shouted: „the Niagara, the Niagara“. The railway administration had arranged a stop of a few minutes to allow the travelers a view upon the fall that disappointed and disillusioned me in the first moment. Since my earliest childhood I had imagined this natural wonder that stood in stark contrast to its reality. The river falls in a completely flat area out of which rise cities, hotels and smoking factory stacks from a rocky ledge that is quite similar to a giant dam. Nevertheless I can not deny that this mightiest waterfall of the world has a quite great character that however loses much in my eyes by the absence of a scenic landscape. The dignified frame is missing in this picture.

The Niagara River is the outflow of the Lakes Superior, Michigan, Huron and Erie and descending on its 58 km length by 100 m it develops a torrential velocity. At the edge of the fall the river bed is split by Goat Island and thus two falls are formed, namely the 322 m wide American and the 915 m wide crooked Horse Shoe or Canadian fall. The border between the United States and Canada passes straight through the middle of the Horse Shoe fall. Both falls together send 425.000 m³ water per minute downriver. Below the falls the river narrows and forms roaring rapids that one can watch from the high Cantilever Bridge of the Michigan Central Railroad, a freely suspended bridge that crosses the Niagara without any supporting pillars. About 90 m further downstream the Railway Suspension Bridge hangs suspended, a chain bridge that also carries below the railway tracks another bridge for the road traffic.

The train stops after having passed over the cantilevered bridge into American territory outside of the city of Niagara Falls that owes its existence to the foreign tourists and not to the few industrial establishments. Every year more than 400.000 visitors are coming here.

Soon we reached Queen Victoria Niagara Falls Park on the Canadian shore that, well tended with lush green lawns and ornamented with mighty trees, follows alongside the river for about 4 km and offers everywhere splendid views on the falls. Table Rock is the point from which the Horse Shoe Fall makes the most dramatic impression. With a deafening noise the water masses crash down while the fine water mist in which the sun weaves gorgeous rainbows is twirled up highly.

In a nearby house one receives a rubber dress that only leaves the face uncovered. Then one drives with an elevator down to the foot of the fall, passes first through a cave and then walks on a narrow runway between the rocks and the thundering water masses. It was a strange I might say constricting feeling to be in the midst of the roaring water and the rock wall. Our voices could not overcome the enormous noise. From time to time we received a douche coming down from a considerable height. The rocks here consist of sandstone and a very crumbly slate that was continuously shedding larger pieces so that the sense of security was much weakened while walking. On steps and ladders and frequent glitches on the slippery rocks we go down another 30 m,  and came again in front of the fall and could again enjoy the greatness of the spectacle greeted by another extended water baptism. Very effectively the rays of the setting sun produced a magic reddish illumination of the fall.

My name day was celebrated during dinner in the wagon and we then wanted to enjoy a pleasurable evening in the much praised Niagara Falls Music Hall. But the art on display was quite mediocre and the audience too of the lowest sort.

Links

  • Location: Niagara Falls, Ontario, Canada
  • ANNO – on 04.10.1893 in Austria’s newspapers.
  • The k.u.k. Hof-Burgtheater is playing the comedy „Landfrieden“. The k.u.k. Hof-Operntheater is performing „A Santa Lucia“ and other pieces.