Alwar, 19. Februar 1893

Morgens 7 Uhr wurden wir mit der Meldung geweckt, dass wir demnächst in Alwar ankommen würden. Rasch war ich angekleidet und betrachtete vom Coupefenster aus die vollkommen veränderte Gegend — überall direkt aus der Ebene emporsteigende steile Hügel, die sehr steinig und nur von spärlicher Vegetation bedeckt waren; einzelne derselben zeigten scharf markierte Formen und Konturen. In den Feldern neben dem Bahnkörper stolzierten unzählige heilige Pfauen umher.

Der Staat Alwar, welchen ein von den Briten abhängiger Fürst beherrscht, gehört zu den Staaten Radschputanas, jenes umfangreichen, zwischen der Dschamna und dem Indus gelegenen Gebietes im Nordwesten Vorderindiens, welches bis zur Wüste Tharr, der „Indischen Sahara“, reichend, gerade an deren Rand die bedeutendste Entvvicklung aufweist. Unter den neunzehn, in sieben britische Agentien eingeteilten Schutzstaaten Radschputanas nenne ich als besonders bemerkenswert: Dschodpur (Jodhpore, Marwar), Dschaipur, Udaipur (Mewar), Bikanir, Dholpur, das uns schon bekannte Bhartpur und Alwar. Adschmir (Ajmere) ist bereits dem britischen Gebiet einverleibt.

Alwar, in wasserarmer Gegend am Fuß eines vom Fort Alwar gekrönten, 400 m hohen Felskegels gelegen und von einer zackigen Hügelkette gedeckt, ist zu Ende des verflossenen Jahrhunderts von Pratap Singh, — aus dem von Udaikaran von Dschaipur (1367 bis 1388) abstammenden Haus der Naruka — einem Vasallenfürsten des Maharadschas von Dschaipur, gegründet worden. Unbotmäßig und ehrgeizig wanderte Pratap Singh aus, verschanzte sich an der Stelle, wo heute Alwar steht, und gründete, nachdem ihm der Großmogul von Delhi einen Freibrief erteilt, den noch bestehenden Staat. Alwars Fürsten gehören zu den Emporkömmlingen und vermögen sich, wenn auch vornehmen Blutes, doch nicht auf so ehrwürdige Herrscherreihen zu berufen, wie zum Beispiel der Maharadscha von Dschodpur, welcher den Beginn seines Hauses angeblich bis in das 4. Jahrhundert n. Chr. zurückzuleiten vermag, oder wie der Fürst von Udaipur, dessen Ahnen nachweisbar schon im 8. Jahrhundert n. Chr. regiert haben.

Die Staaten der Rajputana Agency stehen, wie gesagt, unter der Ägide Englands. Doch wird diese in milder, rücksichtsvoller und freundlicher Art ausgeübt, da die Fürsten der Radschputen (Königssöhne) im allgemeinen England sympathisch gegenüberstehen, und namentlich, weil ihr von kriegstüchtigen Mannen erfülltes Gebiet eine Schutzwehr wider Afghanistan bildet.

Der jetzt regierende Maharadscha von Alwar, Dschai Singh, der Sohn und Nachfolger Sawai Mangal Singhs (gestorben 1892), eines ebenso berühmten Reiters und Tigerjägers als tüchtigen Regenten und Soldaten — letztere Eigenschaft hatte ihm die Ernennung zum Obersten in der englischen Armee eingetragen — ist ein Radschpute aus dem „Sonnengeschlecht“ jenes Katschwaha-Stammes, welcher in Gwalior einen Königsthron gegründet hat, im Doab aber, das ist im Zwischenstromland des Ganges und der Dschamna, heute noch blüht.

Dschai Singh soll sich, wiewohl heute erst etwa zwölf Jahre zählend, nach dem Tod seines Vaters bei den großen Feierlichkeiten anlässlich seiner Thronbesteigung sehr würdig und höchst energisch benommen haben. Es herrscht hier nämlich die eigentümliche Sitte, dass der Herrscher bei der Thronbesteigung angesichts des versammelten Volkes auf einen Hasen schießen muss; trifft er ihn, so ist dies ein günstiges Vorzeichen für seine zukünftige Regierung, erfolgt jedoch ein Fehlschuss, so gilt dies als böses Omen. Bei jener orakelhaften Inauguration der Regierung wusste sich Dschai Singh ungeachtet der Befangenheit, die in einem solchen Fall begreiflicherweise einen Knaben dieses zarten Alters überfällt, so weit zu beherrschen, dass ihm der prophetische Meisterschuss gelang.

Auf dem Bahnhof von Alwar wurde ich von dem jugendlichen Helden dieser Episode, ferner von dem politischen Agenten Englands in Alwar, Colonel Fraser, der zugleich für die Dauer der Minderjährigkeit des Fürsten, im Verein mit dem aus einheimischen Würdenträgern zusammengesetzten Staatsrat die Verwaltung des Landes besorgt, sowie von den Mitgliedern des eben genannten Staatsrates festlich empfangen. Dschai Singh ist ein schmucker Junge mit intelligenten, offenen Gesichtszügen, dessen Erscheinung ich meines Erachtens am besten durch das heimatliche Wort „herzig“ charakterisiere.

Außerhalb des Bahnhofes hatten eine Ehrenkompanie riesiger Radschputen mit schwarzen Vollbärten und eine Escadron Kavallerie — die Mannschaften beider im roten Rock und Turban — neben einer Musikkapelle Aufstellung genommen. Die Radschputen waren gut ausgewählte Repräsentanten der kriegerischen, schön gewachsenen Männer des Landes, die noch vor kurzer Zeit Waffenkämpfe nach der Art unserer mittelalterlichen Turniere geführt, unter dem neuen anglo-indischen Reglement jedoch sich rasch als vorzügliche Truppe im modernen Sinn bewährt haben. Die Armee von Alwar zählt etwa 8000 Mann, die unter dem Kommando englischer Offiziere stehen.

Eine ganze Reihe prächtig geschmückter Staats-Elephanten mit reichem Geschirr, bunten Decken und vergoldeten Häudas war gleichfalls ausgerückt. Daneben standen eigentümliche Wagen aus dem Marstall des Maharadschas, eigentlich zweispännige Karren mit spitz zulaufenden, mit buntem Zeug belegten Dächern und Zebuochsen als Bespannung. Gegenüber paradierten prächtige Pferde, stark ausgebunden, mit schön frisierten Mähnen und Schweifen: meist Hengste aus dem naheliegenden Gestüt. Auch eine ganze Reihe von Hof-Schikäris, teils mit altertümlichen Lanzen, teils mit funkelnagelneuen englischen Rifles waren zur Erhöhung der Feierlichkeit aufmarschiert. Weiterhin stand ein ganzer Trupp Kamele, die, was ich zum ersten Male bemerkte, auf dem Höcker Kanonen oder eigentlich für starke Ladung bestimmte Trombons aufgeschnallt trugen, welche während unserer Fahrt abgefeuert wurden. Ein farbenbunter, lebhaft bewegter Aufzug mit echt indischem Glanz und Pomp!

Der würdige Erzbischof von Agra hatte, da es Sonntag war, die Freundlichkeit gehabt, einen Kapuziner abzuordnen, um uns in einer kleinen katholischen Kapelle die Messe zu lesen. Die Katholikengemeinde des Staates Alwar zählt nur elf Köpfe. Der gute Kapuziner hielt als ehemaliger Untertan Seiner Majestät des Kaisers — er ist im Venetianischen, noch zur Zeit der österreichischen Herrschaft geboren — nach dem Evangelium eine in schlichten Worten gehaltene. warm empfundene Ansprache, in welcher er unser Vaterland und unseren geliebten Monarchen dem Schutz des Allmächtigen empfahl. Ich muss gestehen, es ergriff mich tief, im fernen Indien, mitten unter Millionen von Hindus und Mohammedanern, in dieser nur wenige Quadratmeter messenden Kapelle einen Geistlichen meines Bekenntnisses für Seine Majestät beten zu hören.

Nach dem Gottesdienst fuhren wir zu dem von Banni Singh, dem dritten Herrscher von Alwar aus dem Haus der Naruka, gebauten Palast Banni Bilas, der uns zur Verfügung gestellt war. Dieses außerhalb der Stadt gelegene Gartenpalais macht von außen einen sehr imposanten Eindruck und weicht in angenehmer Weise von den sonst meist geschmacklosen Palastbauten der modernen indischen Epoche ab. Inmitten eines wohlgepflegten Parkes, zeichnet es sich durch harmonische Verschmelzung von verschiedenen Stilarten, sowie durch glückliche Anordnung der zahlreichen Veranden und Erker aus, welche das Gebäude anmutig beleben. Vor der Hauptfassade des Palastes liegt ein großes Marmorbassin, in dessen Mitte ein kioskartiger Marmorsöller aufstrebt. Die innere Einrichtung des Palais ist natürlich europäischen Charakters und dabei wenig geschmackvoll. Vom Balkon meines Zimmers aus hatte ich einen hübschen Blick auf die Baumkronen des Parkes und weiterhin auf die den Palast umsäumenden steinigen Berge mit ihren Ruinen und Forts.

Nach vielen Tagen schlechten Wetters hatte sich der Himmel endlich blau angetan und wärmend lachte die Sonne auf uns durchfrorene Erdensöhne herab. Da das offizielle Programm des Vormittages erschöpft war, benützte ich den Rest desselben, um Briefe in die Heimat zu schreiben. Gegen Mittag wurde mir dann auf dem freien Platz vor dem Palast eine Anzahl Pferde aus dem Marstalle des Maharadschas vorgeführt, Produkte indischer Zucht, und zwar Marwari und Kattywari, letztere beinahe ausschließlich Füchse mit Tigerstreifen an den Beinen und einem dunklen Aalstreifen am Rücken. Die Pferde sahen sehr gut aus, zeigten hübsche Figur, namentlich schöne Köpfe, und hatten gute, jedoch für den schweren Rumpf zu feine Füße. Ein Bereiter des Maharadschas, ein schwarzer Radschpute, ritt die Pferde vor und zeigte mit jedem ein anderes Kunststück der höheren Dressur; das eine piaffierte, das andere ging in Lancaden, das dritte auf den Hinterfüßen, ein viertes kniete nieder und dergleichen Scherze mehr.

Nachmittags stattete ich dem Maharadscha in dessen von den Engländern „The Royal Palace“ oder „The City Palace“ genannten Palast meinen Besuch ab.

Auch Alwar weist, wie jede der bisher gesehenen indischen Städte, Eigentümlichkeiten in der Anlage und Bauart, neue oder neuartig verwendete Motive bei der Ausschmückung der Bauwerke auf, wodurch die Stadt ein eigenartiges Gepräge gewinnt. Die Mannigfaltigkeit der Eindrücke, welche der Besucher von den verschiedenen Städten empfängt, bietet einen besonderen Reiz des indischen Städtebildes; ich möchte es dem Reize abwechslungsreicher Variationen desselben Themas vergleichen. Besonders in die Augen springend schien mir der von Scheodan Singh (f 1874), dem Sohn Banni Singhs, erbaute, nunmehr für des ersteren Witwen bestimmte Palast zu sein, welcher sich durch zahlreiche kleine An- und Vorbaue und Fenster mit zierlichen, wie in Elfenbein geschnitzten Ornamenten auszeichnet.

Der jugendliche Herrscher empfing mich umgeben von seinen Würdenträgern. In gewohnter Weise saßen wir einander durch einige Zeit auf reich mit Gold geschmückten Stühlen gegenüber, worauf mir der Maharadscha ein Exemplar der von Th. H. Hendley verfassten Monographie „Ulwar and its Art Treasures“ (London, W. Griggs 1888), dedizierte, eines Prachtwerkes, welches in vortrefflichen, zum Teil farbigen Reproduktionen unter anderem auch die kostbarsten Stücke der Waffenkammer, der Bibliothek und des Schatzhauses von Alwar darstellt.

Durch den Residenten aufgefordert, zeigte mir der Maharadscha die Waffensammlung, wobei ein alter Kustos die einzelnen Stücke in sehr komischer Weise demonstrierte, indem er dieselben nicht nur selbst anlegte, sondern so gerüstet auch operettenhafte Kampfesposen annahm. Wir sahen hier prachtvolle Schwerter mit wertvollen Klingen und goldbesetzten Griffen, deren eines 20.000 Rupien gekostet hatte, sowie kleinere Jagdmesser, Dolche und Panzerhemden.

Den weitaus größten Schatz des Palastes bilden aber die alten Manuskripte der Bibliothek, die unterhalb der Schriftzeichen feinen Goldgrund aufweisen und gleich unseren alten Bibeln die herrlichsten Miniaturmalereien enthalten. Letztere sind von einer Zartheit der Ausführung, sowie einer Frische des Kolorits, wie man sie nur in den besten Handschriften unseres Mittelalters finden kann. Ja, ich möchte jene in gewisser Beziehung höher stellen als diese, da die Perspektive eine viel gelungenere, die Auffassung eine tiefere ist als bei unseren Kunstwerken der bezeichneten Epoche. Mit besonderem Vergnügen besah ich diese zahlreichen Bilder, die meist Szenen aus der Göttersage oder dem Leben früherer Maharadschas, deren Feste und vorzüglich Jagden, Schlachten und Feldzüge darstellen. Das kostbarste Stück der ganzen Sammlung, eine 1848 vollendete Abschrift des „Gulistan“ („der Rosengarten“, eines der beiden Hauptwerke des persischen Dichters Sadi, aus dem 13. Jahrhundert), deren Herstellungskosten mehr als 120.000 fl. ö. W. betragen haben sollen, wird zum Teil der Kunstfertigkeit eines Deutschen zugeschrieben.

Dass unter Umständen europäischer Einfluss auch verwirrend auf den Schönheitssinn der Eingeborenen wirkt, konnte ich in der Schatzkammer beobachten, wo die Kustoden als hervorragendstes Kunstwerk eine Uhr im Empire-Stil, ähnlich jenen, die in Genf erzeugt werden, anführten. Dieselbe enthielt einen singenden Kolibri und stand auf silbernem Tisch, über den herab sich Fluten imitierten Wassers, künstliche Fische bergend, ergossen — eine scheußliche Spielerei.

Nicht viel besser ist es mit dem bildnerischen und ornamentalen Schmuck der Palasträume bestellt. Während einige Wände mit sehr bemerkenswerten Porträts der Maharadschas geschmückt sind, findet sich daneben europäische Dutzendware. Im ersten Stock des Palais wird mit Stolz ein Gemach gezeigt, das mit kleinen Spiegelplatten und mosaikartig gemalter Ornamentik bedeckt ist; trotz des geringen Umfanges desselben hat die Ausschmückung dreißigjähriger Arbeit bedurft. An der künstlerischen Ausgestaltung eines anderen Raumes
wird schon seit zwölf Jahren gearbeitet, ohne dass die Beendigung der Arbeit abzusehen wäre; ja auch während der Besichtigung schabten und pinselten einige Künstler an dem Meisterwerk. Bei der Arbeitsscheu der Hindus können übrigens derartige langsame Arbeitsfortschritte nicht Wunder nehmen, und ist das Kunstwerk endlich fertig, so lobt es nicht einmal seine Meister; denn der Effekt ist nichts weniger als schön und kann höchstens als gesucht auffallend bezeichnet werden.

Welch angenehmer Kontrast zu diesen schillernden, gekünstelten Werken in dem Blick von der Plattform des Palastes auf dessen Umrahmung! Unter uns der Teich Pratap Singhs, mit breiten, zum Wasserspiegel führenden Treppen und zehn im Wasser auf Säulen emporstrebenden, mit den Uferterrassen durch Stege verbundenen Kiosken; linkerhand vom Palaste, an der Südseite des Wasserbeckens, das zierliche Mausoleum Bakhtawar Singhs (gestorben 1815); im Westen Wischnu-Tempel, an die Felswände des Burgberges gelehnt wie die von Bäumen beschatteten, kleinen Heiligtümer der Nordseite; als Abschluss des reizenden Architekturbildes die Festungsmauern und die weiß leuchtenden Türme des Burgberges. Steile Berglehnen, mit Felspartien und mächtigen Steinblöcken im Hintergrund und darüber der tiefblaue Himmel vereinigen sich mit all diesen Bauwerken zu einer ebenso neuartigen, als anziehenden Szenerie. Leider durften wir den Blick auf den Palast selbst und die Stadt nicht genießen, da die hiezu erbaute Plattform auch in die Frauengemächer Einsicht gewährt.

Der Maharadscha begleitete mich zu Wagen in das Gestüt, ein großes, hofartiges Gebäude, woselbst mehrere hundert Hengste und Stuten, größtenteils im Freien, gehalten werden. Die Tiere sind an beiden Hinterfüßen mit Stricken gekoppelt, eine in Indien allgemein herrschende Sitte, aus welcher sich die häufigen Strickwunden an den Fesseln und hievon herrührende Krankheiten, wie Igelfuß, Mauken u. dgl. m. erklären. Unter den Gestütspferden sind alle möglichen Rassen vertreten, vom edelsten Araber bis zum gemeinsten Gaul, doch werden als Vaterpferde meist nur Araber und Kattyvvari verwendet. Die Mutterstuten sind aber durchwegs einheimischer Zucht, Landschlag.

Anlässlich der Besichtigung des Gestütes wurden uns Tierkämpfe aller Art vorgeführt, eine Lieblingsunterhaltung der Radschputen. Rebhühner, Hähne, Widder, welch letztere, ausgesucht starke und bösartige Tiere, mit Erbitterung fochten, und Black-bucks kämpften der Reihe nach. Sogar Wachteln mussten antreten und erwiesen sich als die besten Streiter, da die Hähne, nachdem sie durch den Anblick einer in einem Käfig verwahrten Henne gereizt waren, hitzig auf einander losfuhren und sich Schnabelhiebe versetzten, dass die Federn stoben. Die Piece de resistance war jedoch ein Kampf zweier Büffelstiere, die sofort mit blinder Wut zum Angriffe übergingen und sich mit den starken, krummen Hörnern zu durchbohren suchten. Einer der Kämpfer war bald verwundet und blutete stark, was den Zorn beider nur noch mehr reizte. Im entscheidenden Moment wurden die Tiere durch die Wächter getrennt, so dass der Kampf unentschieden blieb. Sehr anmutig war, als Schluss des blutigen Schauspieles, die Produktion dressierter Papageien, die in der Tat Erstaunliches leisteten; denn der eine dieser klugen Vögel turnte wie ein Seilkünstler, während der andere Glasperlen auf einen Zwirnsfaden reihte; ja ein dritter lud sogar eine kleine Kanone und feuerte sie selbst ab, wobei ich den Mut des befiederten Artilleristen bewunderte, der auf dem Rohre stehend, in Rauch und Pulverdampf ganz eingehüllt war.

Ähnlich dem Eberstechen, Pigsticking, war sodann ein Pantherstechen projektiert, wobei ein vor kurzem in der Umgebung von Alwar gefangener Panther gehetzt und mit Lanzen erlegt werden sollte. Zu diesem Zweck begaben wir uns zu Pferd auf eine große, freie Heidefläche an der Peripherie der Stadt, wo der Panther in einem Käfig seines Loses harrte. Lange dauerte es, bis er das schützende Asyl verließ und herausschlich, um in kleinen Sätzen den Feldern zuzuflüchten. Alsbald stürmten alle Reiter nach, doch schon wenige Sekunden danach stieß ihm, ohne dass es zu einem Run gekommen wäre, ein englischer Kapitän den Speer in die Flanke. Nun duckte sich das Tier wie eine Katze und machte Versuche, die umschwirrenden Reiter anzuspringen; aber ein geschickter Speerstich Prónays verwundete es stark, so dass es bald unter den nachfolgenden Stichen verendete. Befriedigt umstanden die englischen Herren den armen Panther, während ich an dieser Art, Panther zu jagen, keinen Gefallen zu finden vermochte: denn es gibt hiebei nie einen Run, weil sich der Panther immer gleich duckt und dann mit den Speeren leicht auszumachen ist. Allein die Engländer haben eine ausgesprochene Vorliebe für Hetzjagden und da wird jedes Tier vom großen Nilgau an bis zum Schakal hinab gehetzt. Wäre der Panther durch meine Kugel gefallen, so hätte mich die Erlegung desselben mit waidmännischer Genugtuung erfüllt, während ich beim Lanzenstechen nur den Verderb des schönen Felles beklagen konnte.

Um die zwei- und dreijährigen Pferde zu mustern, ritten wir vom Jagdplatz weg in den Fohlenhof des Gestütes. Auf das Signal eines Trompeters stürmte ein Rudel von 250 bis 300 Stück full pace aus einer Einzäunung hervor, setzte über eine hohe Lehmmauer und jagte bis zu den Barren, wo den Tieren morgens und abends Gerste, Rüben und Klee vorgelegt werden. Trotz des anscheinend reichlichen Futters sahen die Pferde, durchaus Produkte nach den früher besichtigten Hengsten, schlecht und namentlich mager aus; ebenso sind dieselben, auf das unedle Blut der Mütter zurückschlagend, unentwickelt und verunstaltet.

Nach dem in unserem Palast abgehaltenen Diner, zu welchem sich alle in Alwar lebenden Engländer vereinigt hatten, bildete die Beleuchtung des Parkes und das Abbrennen eines Feuerwerkes den Abschluss des Tages.

Links

  • Ort:  Alwar, Indien
  • ANNO – am 19.02.1893 in Österreichs Presse.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater spielt „Medea“ und „Der Hexenmeister“, während das k.u.k. Hof-Operntheater die Oper „Mephistopheles“ aufführt.

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