Bhanderia, 25. März 1893

Leider der letzte Jagdtag in Nepal!

Die guten Eingeborenen taten ihr Möglichstes, um mir zum Abschied noch einen Tiger zu verschaffen. An verschiedenen Stellen des Dschungels waren Büffel angebunden worden, und am Morgen kam auch tatsächlich die Meldung, dass an zwei Plätzen Stücke gerissen worden seien. Während nun das Lager in Katni abgebrochen wurde. um nach dem 10 km entfernten Bhanderia verlegt zu werden, eilten wir zu dem ersten Killplatz, der sich eben dort befand, wo ich gestern den Panther geschossen hatte. Nach Ansicht der Schikäris war der bestätigte Tiger jener, der tagszuvor ein Stück gerissen und 400 Schritte weit hinweggeschleppt hatte. Dieser schien ein erfahrener Tiger zu sein, der wohl auch schon eine Jagd mitgemacht hatte; denn als wir am Stelldichein anlangten, meldeten uns die Schikäris, sie hätten einen Tiger gesehen, ihn aber nicht einkreisen können. Vermutlich — das wollten sie nicht eingestehen — war ihnen der Tiger auf irgend eine geschickte Weise entschlüpft.

Da wir den Tiger nunmehr in der Richtung, die er genommen, suchen sollten, wurde die Linie gebildet und ein schöner Wald durchstreift. Wie selbstverständlich war die Parole ausgegeben worden, hier auf kein anderes Tier zu schießen. Doch fügte der Zufall, wie fast stets in solchen Fällen, dass uns eben hier eine große Anzahl des interessantesten Wildes zu Gesicht und in beste Schussnähe kam; kapitale Axishirsche, Bellende Hirsche, selbst scheue Sumpfhirsche wagten sich nahe an unsere Elephanten heran. Nach langem Streifen gaben endlich die Schikäris die Hoffnung auf, den Tiger zu finden.

Ein Frühstück sollte nun die notwendige Beratung versüßen. Schon wollte ich frohlocken; denn kein Frühstück war zur Stelle, da die Leute, denen es anvertraut worden war, sich mit ihren Elephanten in dem Dschungel verirrt hatten; aber kaum eine halbe Stunde später kamen die Proviantträger, durch die von Hunger und Durst erpressten Rufe unserer englischen Gefährten auf den rechten Weg gebracht, herbei, so dass eine Stunde lang gefrühstückt werden konnte.

Mittlerweile waren die Schikäris mit den Jagdelephanten vorausgeeilt, einen anderen Tiger abzuspüren. Wir folgten auf Reitelephanten, kamen an dem verlassenen Lagerplatz von Katni vorbei und fanden die Schikäris endlich am Ufer eines Flusses in einem hohen Schilfdschungel, wo sie zwar keinen Tiger, wohl aber einen Panther eingekreist hatten. Wir waren kaum in unsere Häudas geklettert, als sich auch schon das Schilf bewegte und der Panther in voller Flucht an einer der weniger dicht mit Elephanten besetzten Stellen den Ring durchbrach, ohne dass in dem Schilf ein Schuss angebracht werden konnte.

Doch das brachte die an derlei schon gewöhnten Schikäris nicht aus der Fassung — einige Kommandorufe, der Kreis öffnete sich, die Flügel liefen neuerdings aus, um sich nach 200 Schritten wieder zu schließen, so dass nach wenigen Minuten der Panther abermals eingekreist war. Er versuchte es von neuem mit dem Durchbrechen, kam aber diesmal an eine dichte Phalanx von Elephanten und wurde in entgegengesetzter Richtung flüchtig, um schließlich von mir rouliert zu werden. Dieser Panther war noch stärker als jener des Vortages.

Auf dem Heimweg von der Pantherjagd, der durch einen dichten Wald genommen wurde, widerfuhr unserem Generalkonsul Stockinger ein kleines Missgeschick, indem ihn ein herabfallender Baumast so heftig am Kopf traf, dass die Stirne die blutunterlaufenen Spuren des Schlages zeigte.

Bei klarem Mondscheine wurde das südlich von Katni bei Bhanderia aufgeschlagene Lager bezogen.

Links

  • Ort: Bhanderia, Nepal
  • ANNO – am 25.03.1893 in Österreichs Presse.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater spielt „Rosenkranz und Güldenstern“, während das k.u.k. Hof-Operntheater „Die Rantzau“ aufführt.

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