Haidarabad, 25. Jänner 1893

Dichter Nebel verschleierte die Stadt und ihr Weichbild, als wir nach 6 Uhr morgens in einer vierspännigen Mail-Coach gegen den Exerzierplatz von Sikandarabad hin fuhren, auf dem die große Parade über die gesamte Garnison von Sikandarabad und Bolaram stattfinden sollte. Allmählich teilte die Sonne den Nebel und wir genossen nun während der Fahrt die schöne Aussicht auf den großen Teich, die Hügelketten und die Vororte von Haidarabad.

Bei der Ankunft auf dem Paradeplatz leistete eine Batterie den Salut von 21 Kanonenschüssen; dann stieg ich mit meiner Suite zu Pferde. Der Kommandant der Truppen, Colonel H. S. Elton, ritt mir entgegen, blieb auf 40 Schritte stehen und senkte den Säbel, worauf alle Truppen die Ehrenbezeugung leisteten und die Musikkapellen die Volkshymne intonierten. Ich sprengte zu dem rechten Flügel und ritt die Front ab. Als erste Truppe stand eine Batterie reitender, englischer Artillerie, 88 Mann, 94 Pferde und 6 Geschütze, daran anschließend das
ganze 21. Husarenregiment, 4 Escadronen in der Stärke von 442 Reitern, daneben ein Regiment Madras-Uhlanen, 410 Reiter, eingeborene reguläre Kavallerie, schöne, dunkelfarbige Leute, zumeist mit martialischen, bärtigen Gesichtern. Die Uniform besteht aus hechtgrauem Rock, dunkelblauen Hosen und sehr praktischen, gelben Schnürschuhen, den Kopf bedeckt ein hoher, blauer Turban, und als Waffen führen die Reiter eine kurze Lanze, einen in einem langen Schaft am Sattel befestigten Karabiner und eine Art türkischen Krummsäbels. Die Pferde, teils einheimischer, teils persischer Zucht, sind gut, aber kleiner als jene der Husaren. Hierauf folgte, mit dem Stand von 347 Reitern, das 4. Uhlanenregiment des Haidarabader Kontingents, ebenfalls aus Einheimischen bestehend, die von englischen Offizieren befehligt werden. Der Schnitt der Uniformen ist der gleiche wie bei den Madras-Uhlanen, nur ist die Farbe dunkelblau mit ziegelroten Aufschlägen und gleichfarbigem Turban. Die drei Kavallerieregimenter und die reitende Batterie bildeten die 21. Brigade, an welche sich die Artilleriebrigade reihte, bestehend aus zwei englischen Feldbatterien mit je 6 Geschützen, einer einheimischen Batterie des Haidarabader Kontingents mit 4 Geschützen und der Elephanten-Batterie mit 6 Geschützen.

Auf die Artillerie folgten zwei Infanteriebrigaden, deren erste zusammengesetzt war aus dem 2. englischen Suffolk-Infanterieregiment — mit den bekannten roten Röcken, weißen Helmen und weißem Riemzeug — in der Stärke von 840 Mann; dem 15. Regiment Madras-lnfanterie, aus Eingeborenen bestehend, 588 Mann, mit krapproten Röcken, schwarzen Aufschlägen, schwarzen Pumphosen; endlich dem 2. Regiment des Haidarabader Kontingents, 515 Mann, dunkelgrün, mit hohen Turbans adjustiert. Die beiden letzteren Regimenter waren mit Henry Martini-Gewehren, das englische Regiment aber schon mit den neuen Lee-Metford-Magazinsgewehren bewaffnet. Die zweite Brigade umfasste das 2. englische Welsh-Regiment, 512 Mann; die Haidarabader Freiwilligen; das 16. und das 20. Regiment Madras-Infanterie mit 511, beziehungsweise 319 Mann. Den Schluss bildete eine Kompanie Sappeure und Mineure, 147 Mann, eine aus der niedersten Kaste von Madras geformte Truppe, die sich in allen Feldzügen und Expeditionen stets durch ihre Tapferkeit und Ausdauer ausgezeichnet hat; fast bei jeder Gelegenheit, sowohl in Indien als im Sudan sind diese Sappeure und Mineure ihrer Tüchtigkeit wegen verwendet worden und nahezu jeder Mann ist mit einer Medaille oder
deren zwei dekoriert. Diese Truppe ist mit scharlachroten Röcken, blauen Hosen, hohen, schwarzen Mützen, nach der Art jener, welche die Parsen tragen, adjustiert.

Nach dem Abreiten der Front formierte sich das gesamte Korps zur Defilierung, welche in derselben Reihenfolge stattfand, in welcher die Truppen vom rechten Flügel aus standen. Die Artillerie defilierte batterieweise, die Kavallerie mit entwickelten Escadronen und die Infanterie mit Kompanien. Die Defilierung ging sehr präzise von statten und bei allen Abteilungen, auch bei den Eingeborenen, fielen mir das gute Aussehen und die vorzügliche Haltung auf. Den Glanzpunkt der Kavallerie bildete natürlich das Husarenregiment; doch blieben bis auf das minderwertige Pferdematerial die eingeborenen Uhlanenregimenter nicht weit hinter den Husaren zurück. Bei der Artillerie stach die reitende Artillerie durch ihr schmuckes Aussehen und ihre treffliche Bespannung mit australischen Pferden hervor. Am meisten interessierte mich jedoch als etwas mir vollkommen Neues die Elephanten-Batterie. bei der vor jedes der sechs 40-pfündigen Vorderladgeschütze zwei Elephanten gespannt sind, deren Geschirr aus großen, ledernen Decken, eisernen Ketten und Strängen besteht. Auf dem Kopf jedes dieser mächtigen Tiere, die schön ausgerichtet defilierten, sitzt ein Lenker. Die Munitionswägen sind mit je acht Zebuochsen bespannt, die durch ihre flinken, behenden Bewegungen auffallen. Die Infanterie defilierte noch zwei Mal; zuerst in Bataillonsmassen, ähnlich wie es in Deutschland üblich ist, mit geschulterten Gewehren und gepflanzten Bajonetten; sodann in Brigademassen, beide Brigaden hintereinander. Eine ganze Brigade in so gedrängter Formation auf einmal vorbeimarschieren zu sehen, macht einen imposanten Eindruck. Die Kavallerie und reitende Batterie defilierten auch im Trab und in einem sehr scharfen Galopptempo, welches beinahe an Marsch-Marsch grenzte. Die reitende Artillerie und die 21er Husaren kamen im Galopp sehr schön vorbei, während dieses Tempo bei den Eingeborenen-Regimentern nahezu in eine wilde Jagd ausartete.

Der Nisam, welcher sich verspätet hatte, kam erst zur Defilierung und schien für das militärische Schauspiel nicht viel Interesse zu empfinden.

Eine unabsehbare Menschenmenge, darunter sehr viele englische Damen und Herren, zu Pferde oder in großen Coaches wohnten der Revue bei. Zum Schluss derselben exerzierte auf meine Bitte hin die Elephanten-Batterie. Der Kommandant, Major Leach, ließ die Batterie abprotzen, sich ins Feuer setzen und wieder aufprotzen, welche Manöver ungemein rasch vor sich gingen, da die Elephanten dank ihrer Gelehrigkeit alle Evolutionen genau kennen, ja beim Kommando des Aufprotzens sich sogar in Trab setzten, um rascher bei den Geschützen anzulangen. Nur im feindlichen Feuer sollen die Elephanten nicht zu gebrauchen sein und müssen daher stets aus dessen Bereich gehalten werden, weil sie besonders das Kleingewehrfeuer nicht vertragen und vor demselben gleich durchgehen.

Der beleibte Hofphotograph des Nisams hatte diesen bewogen, sich mit mir zum Zweck einer photographischen Aufnahme bei ihm einzufinden, und so ritten wir denn unmittelbar nach beendeter Parade, begleitet von einer johlenden und schreienden Schar Eingeborener, zu seinem Atelier. Der unermüdliche Künstler besitzt ein eigenes, schönes Haus und scheint am Hof des Nisams eine hervorragende Stellung einzunehmen, da er überall zu sehen ist und der Nisam sich sehr oft zu ihm begibt, um sich unzählige Male photographieren zu lassen. Die unabweisliche Notwendigkeit, jeden Augenblick einem Photographen als willkommenes Objekt dienen zu müssen, scheint ein in Indien grassierendes Übel zu sein.

Nach zahlreichen Aufnahmen konnte ich mich endlich vom Nisam verabschieden und nach Baschir Bägh zurückkehren, wo auf unserer Veranda ein förmlicher Bazar etabliert war, da ich einige Waffenhändler bestellt hatte, um alte indische Waffen zu erwerben. Nach langem Handeln und Feilschen, was dem Reisenden im Orient leider nie erspart bleibt, kaufte ich eine große Anzahl der so schön gearbeiteten, oft phantastisch geschmückten Säbel, Schwerter, Dolche, Pistolen, Schilder, sowie Lanzen und reihte meiner Sammlung auch mehrere uralte Panzerhemden ein; darunter eines aus sogenannten Fischschuppen, sowie ein anderes, in dessen einzelne Ringe je ein Koranspruch graviert war.

Für 2 Uhr war beim britischen Residenten ein Dejeuner angesagt. Die Residenz ist ein hohes, in einem von Mauern umschlossenen, großen Park gelegenes, geschmackloses Gebäude, welches eine endlose Flucht von Sälen enthält.

Der Resident, Mr. Trevor C. Plowden, ein liebenswürdiger, geistreicher Herr, der sich für alles zu interessieren schien und sich über die Verhältnisse meiner Heimat vollkommen orientiert erwies, hatte das Unglück gehabt, wenige Wochen zuvor seine Gattin an der Cholera zu verlieren. Bei dem Dejeuner waren fast alle angesehenen Personen der englischen Kolonie anwesend.

Der Nisam ließ beinahe drei Viertelstunden auf sich warten, erschien endlich in seinem gelben Galawagen und brachte viele Entschuldigungsgründe vor. Dem Galawagen folgte in einiger Entfernung ein ganz geschlossenes, fensterloses Wägelchen, welches ungefähr die Form unserer Wiener Postpaketwägen hatte. Auf mein wiederholtes Befragen wurde mir der Bescheid zuteil, dass in diesem Gefährte sich Damen aus dem Harem befänden, sowie eingekühlter Champagner enthalten sei. Seine Hoheit scheint Wein und Weib, als Mittel zur Verschönerung des Lebens, nie entbehren zu können; denn der ominöse Wagen begleitete den Nisam auch während der Fahrt nach Golkonda, die wir nachmittags unternahmen.
Während des Frühstückes stellte meine Nachbarin mit mir ein hochnotpeinliches Verhör an über die musikalischen Verhältnisse. Wiens, über die Pflege Beethoven’scher, Wagner’scher Musik, über die Oper, über Instrumental- und Vokalmusik u. a. m. Die gute Dame war erstaunt, als ich ihr meine Vorliebe für nicht allzustrenge Musik, sowie insbesondere für unseren weltenerobernden Walzer gestand.

Als nächste Nummer stand auf dem heutigen Programme der Besuch der berühmten Festung Golkonda. Bei der Fahrt dahin gelangten wir durch Viertel und Vororte von Haidarabad, die ausschließlich von Eingeborenen sowie von indischen Moslemin bewohnt werden und sich zum Teile durch Ruinenhaftigkeit und Primitivität der Behausungen auszeichnen. Neben Häusern, bemerkenswert durch schöne Schnitzereien, stehen elende Lehmhütten oder erheben sich gar nur Laubdächer, unter denen ganze Familien leben. Auffallend ist in Haidarabad die große Zahl der architektonisch so reizend wirkenden Moscheen mit ihren schlanken Minarets, ihren Gallerien und Steinverkleidungen. Auf dem kaum eine halbe Stunde währenden Weg nach Golkonda kamen wir an mehr als hundert Moscheen vorbei und erblickten neben der Straße, zwischen den Häusern und Moscheen verstreut, Tausende und Tausende von Steingräbern, welche die verschiedenartigsten Formen zeigen und mannigfach geschmückt sind. Die Gräber berühmter, vom Volk verehrter Fakire und Heiligen sind mit kostbaren Decken, Blumen und kleinen Fähnchen belegt.

Vor unseren Blicken tauchten bald der Burgberg und das graue Gemäuer des einst so festen, jetzt halb verfallenen Golkonda auf, welches, schon im 14. Jahrhundert bekannt und von 1512 bis 1687 die Hauptstadt des Königreiches Kutab Schahi, im letztgenannten Jahre von den Scharen des Großmoguls Aurengzeb erobert und zum Teile geschleift worden ist. Einen imposanten Anblick bietet die nach allen Seiten hin von Wallmauern umschlossene, teilweise auf einem dominierenden Hügel gelegene Felsenfestung, insbesondere von der Flussseite her, dort wo der Muti die äußere Ringmauer bespült.

Ein aus massiven Blöcken gefügtes Riesentor führt in die Stadt ein. Die Flügel dieses Tores, aus schuhdicken Pfosten gezimmert, sind mit langen Eisenspitzen besäet, deren Zweck gewesen sein soll, die Pforte gegen den Anprall der Elephanten zu schützen, welche der Kriegführung früherer Zeiten gemäß wohl dazu verwendet wurden, durch Einrennen der Tore den Scharen der Belagerer Bahn in die Festung zu brechen. Im ganzen zählt die Festungsstadt acht solcher Riesentore, von welchen jetzt nur mehr vier, das Fateh-, Mekka-, Dschamali- und das eben beschriebene Bandschara-Tor benützt werden.

Die Baugeschichte Golkondas weist drei Perioden auf. Der älteste Teil, angeblich vom Radscha von Warungul erbaut, dürfte die Zitadelle Balar hissar auf der Spitze des etwa 100 m hohen Hügels sein. Hier stand einst das Königsschloss, dessen Ruinen noch vorhanden sind. Der zweiten Periode gehört jener Stadtteil an, welcher zwischen der Zitadelle und dem mit breiten, halbverschütteten Gräben versehenen Außenwall der unteren Festung gelegen ist und allerlei verfallene Gebäude, kleine Paläste, Moscheen, Schulen und Wohnhäuser des Gefolges in sich schließt. Der jüngsten Periode endlich entstammen die Befestigungen im Osten, die sich fast unmittelbar bis an die Königsgräber hinziehen und von dem ersten Herrscher aus der Reihe der Nisams errichtet sind. Die Stärke der alten Festung bezeugen noch die krenelierten Kurtinen des Hauptwalles, dessen Umfang etwa 48 km beträgt, sowie die aus Granitblöcken errichteten 87 Bastionen. In den Winkeln der Bastionen liegen zerstreut schön geformte, aber unbrauchbare, aus der Zeit der Kutab Schahis stammende Geschütze umher, welche bei der Eroberung Golkondas durch Aurengzeb sämtlich vernagelt oder demontiert worden sind.

Jetzt nur mehr von einem Wachposten besetzt und zur Bergung einiger militärischer Depots benützt, liegt die ganze Festung, welche vormals 10.000 Menschen Wohnung gewährt hat, still und öde da. Auf 258 zumeist sehr steilen, rohen Stufen gelangten wir zu dem höchsten Punkt Golkondas, der Citadelle Balar hissar, hinan. Hier genießt man von einer Art kasemattierter Terrasse aus eine weite Rundschau auf Haidarabad mit seinen Gärten und Türmen, auf die Spiegel der Teiche im Vordergrund und auf die nahen, berühmten Königsgräber, auf die Trümmer der Stadt und ihre Wälle, Mauern. Glacis, Gräben und Bastionen zu Füßen des Beschauers. Es ist ein düsteres Ruinenfeld, auf das wir niederblicken, doch vermag man die einzelnen Linien der Festung und ihre Werke noch genau zu verfolgen, besonders an der Ostseite, dem neuesten Teil der Befestigungen, wo noch ziemlich viel recht wohl erhalten ist. Von den Bastionen kleben manche, Schwalbennestern gleich, an den Felsen. Auch die anderen Fortifikationen, bei deren Aufbau die Granitblöcke des Terrains einbezogen erscheinen, die starken Mauern und die mit rohen technischen Mitteln hergestellten Steinarbeiten, zeigen von der Geschicklichkeit der Baukünstler vergangener Jahrhunderte.

Das Landschaftsbild ist ein eigenartiges; denn rings um Golkonda streben chaotisch durcheinandergeworfene Granitfelsen auf, wie die Legende sagt, Trümmer, welche der Erbauer des Weltalls, nachdem er die Berge der Erde gefügt, hier niederfallen gelassen.

Die Mehrzahl der Königsgräber ist während der Belagerung Golkondas durch Aurengzeb zerstört worden, dessenungeachtet bieten diese Mausoleen der Könige aus der Dynastie Kutab Schahi mit ihren Minarets, glasierten Säulen, Kuppeln, Terrassen, ihrer reichen Ornamentik, noch immer ein äußerst fesselndes Bild. Sir Salar Dschang Bahadur, der durch seine vortreffliche Verwaltung des Staates Haidarabad bekannte, vor kurzem verstorbene Minister des Nisams, hat einen Teil dieser Grabstätten sorgfältig wieder hergestellt und sie aufs neue mit Fruchtbäumen und schattenspendenden Gartenanlagen umgeben. Bemerkenswert ist unter all den Grabdenkmälern namentlich das Mausoleum des Schahs Mohammed Kuli Kutab (gestorben 1625), des Gründers der Stadt Haidarabad, sowohl durch den Reichtum der Verzierungen als durch die Höhe (51 m) des von einer 18 m hohen Kuppel überragten Gebäudes.

Der Nisam, dem es Freude machte, uns überall hin zu begleiten, war auch auf die Zitadelle mit uns heraufgestiegen und proponierte mir hier plötzlich ein Rifle match auf geworfene Flaschen und Tonkugeln, wobei mit der Kugel geschossen werden sollte. Ich entschloss mich nur sehr schwer, auf diese Aufforderung einzugehen, da der Nisam als bester Schütze in Indien bekannt ist und ganz besonders als Kugelschütze außerordentlichen Ruf genießt. Nur nach langem Zureden seitens der Herren meiner Suite beschloss ich endlich, den Gang zu wagen.

Zuerst wurden auf 30 Schritte mehrere Flaschen aufgestellt und auf deren Hälse Tonkugeln von der Größe eines kleinen Apfels gelegt. Der Schütze sollte nun die Tonkugeln treffen, ohne die Flasche zu berühren. Der Nisam schoss als erster und fehlte vier Tonkugeln; ich folgte ihm, traf aber von vier Kugeln drei, worauf das Gefolge des Nisams und er selbst in laute Beifallsbezeugungen ausbrachen. Neben den für das Match bestimmten Flaschen und Kugeln standen deren noch 16; kühn geworden, unternahm ich das Wagnis, auf alle 16 Kugeln hintereinander zu schießen und es gelang mir 15 derselben zu treffen, wobei der Nisam mit dem höchsten Erstaunen zusah. Sodann schossen wir auf in die Luft geworfene Flaschen und erzielten gleiche Resultate, indem jeder von uns vier Schüsse abgab und mit jedem derselben eine der Flaschen traf. Ähnlich erging es uns bei geworfenen Tonkugeln.

Hieran reihte sich das schwierigste Experiment, nämlich das Schießen auf geworfene Rupien, welche etwa dieselbe Größe haben wie unsere Silbergulden. Acht Schüsse waren dem Schützen erlaubt. Der Nisam traf einmal, ich aber hatte das besondere Glück, drei Rupien zu durchschießen, obgleich ich bisher nie Gelegenheit und Veranlassung gehabt hatte, mich auf derartige Kunststücke einzuüben, so dass es ein sportliches Wagnis war, mich auf so kleine fliegende Ziele zu versuchen. Der Nisam machte in liebenswürdiger Weise gute Miene zu dem bösen Spiel, in welchem er zum ersten Mal unterlegen war, und schlug vor, den Heimweg anzutreten. Ich gestehe, dass ich in meinem Innern stolz war wie ein Löwe.

Bei herrlichem Mondschein, dessen Licht die Türme, Moscheen und Gräber magisch beleuchtete, fuhren wir nach Hause, wo unser nach kurzer Ruhe ein Gala-Diner im Palais Baschir Bägh bei unserem Hausherrn, dem Minister Asman Dschah, harrte.

In einem Annex des Hauses, einem hölzernen Theater, war die lange, für 150 Personen bestimmte Tafel gedeckt, an deren Stirnseite ich zwischen dem Nisam und einer englischen Dame saß. Auch hier war das Fest mit orientalischer Pracht inszeniert worden, doch machte die große Zahl der Diener, die sich, die Schüsseln in den Händen, von der offenen Bühne stets lawinenartig in den Saal stürzten, einen Eindruck, welcher des komischen Beigeschmackes nicht entbehrte. Vergnügt saß der Hausherr auf seinem Platz und fröhlich lächelnd überblickte er, dabei einen phänomenalen Appetit entwickelnd, die Schar seiner Gäste. Eine aus Hindus zusammengesetzte Kapelle besorgte in ohrenzerreißender Weise die Tafelmusik.

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