In See nach den Aru-Inseln, 21. Juni 1893

In der Nacht vom 20. auf den 21. Juni durchquerten wir die Papua-See und bekamen den 21. mittags das kleine Riff Bramble Cay in Sicht. Dieses zwischen dem Großen Nordost-Kanal und dem Bligh-Kanal liegende Riff gilt als der nördliche Anfangspunkt der gefürchteten Torres-Straße, welche wir bereits auf der Fahrt von Java nach Sydney passiert hatten. Nun steuerten wir abermals zwischen den zahllosen, teils aus Vulkanen und Granitmassen, teils aus Korallengebilden bestehenden Inseln, Riffen und Bänken hindurch, welche diese Yerbindungsstraße der Südsee mit dem Indischen Ozean erfüllen; alle die Eilande und Inselchen, Riffe und Bänke stellen im allgemeinen nur zwei charakteristische Typen dar, indem jene entweder lediglich weiße Korallenriffe oder Dünen, die in der See als helle Streifen erscheinen, oder aber mit Vegetation bedeckte Inseln sind. Auf manchen der größeren Eilande kamen hie und da von Palmen beschattete Hütten Eingeborener zum Vorschein.

Während der Fahrt durch die Torres-Straße sichteten wir nur einen kleinen Dampfer, welcher, wie anzunehmen war, Kurs auf Numea hatte, und einige der Segelschooner, deren sich die Perlmuschelfischer in diesen Gewässern bei Ausübung ihres oft ebenso gewinnbringenden als gefahrvollen Gewerbes zu bedienen pflegen, so dass die See recht verödet, ja tot erschien und die „Elisabeth“ einsam ihres Weges zog.

Da manche der flachen Inseln und Riffe dieses Teiles derTorres-Straße nur äußerst schmale Durchfahrten bieten und bei Dunkelheit gar nicht wahrzunehmen sind, dem Schiffer daher jeder Orientierungspunkt mangelt, sahen wir uns veranlasst, nachdem wir um 9 Uhr abends Rennel Island erreicht hatten, in Lee hievon Anker zu werfen.

Tagsüber erfreuten wir uns prächtigen Wetters; die See erglänzte in auffallend lichtem Grün.
Der Gesundheitszustand an Bord war leider kein guter. Wurmbrand lag an den Folgen der letzten anstrengenden Exkursionen krank darnieder, und die Nachwirkungen des Aufenthaltes auf den Salomon-Inseln wie auf Neu-Guinea machten sich durch zahlreiche Fälle von Fieber geltend. Anfänglich betrug der tägliche Zuwachs an Fieberkranken 5 bis 6, später 12 bis 15 Mann, und jetzt sind 5 Offiziere des Stabes, mein Diener, die Ordonnanzen, mein Schreiber sowie nahezu 80 Mann von dem Übel ergriffen; namentlich erscheint das Heizer- und Maschinenpersonal stark in Mitleidenschaft gezogen. In der Batterie, wohin die Fieberkranken gebracht wurden, sieht es wie in einem großen Spital aus!

Eine weitere Unannehmlichkeit lag in dem Mangel an Proviant; wir hatten weder in Ugi, noch in Port Moresby frische Lebensmittel zu fassen vermocht, die Vorräte aber an Fleisch, Geflügel u. a. m., welche die „Elisabeth“ noch besessen hatte, waren schlecht geworden und mussten über Bord geworfen werden. Kein einziges Ei war mehr vorhanden und das Fleisch der wenigen Öchslein, welche wir noch besaßen und nun schlachteten, ging innerhalb weniger Stunden in Fäulnis über. Aber auch wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, würden wir als Beefeaters daran nur wenig Genuss gehabt haben, weil den Tieren die letzte Zeit hindurch ausschließlich Palmblätter und das Stroh, womit die Weinflaschen umwickelt gewesen waren, als „Kraftfutter“ verabreicht werden konnten.

Unser Vorrat an Eis war schon vor Numea erschöpft und konnte, wie sich von selbst versteht, an keiner der Stationen, welche wir in der letzten Zeit angelaufen hatten, ergänzt werden.
Kurz — ob krank, ob gesund —jedermann an Bord hatte unter dem Einfluss des Klimas zu leiden oder zu entbehren und so Prüfungen zu bestehen, die bei langen Seereisen unvermeidlich sind.

Links

  • Ort: nächst Rennel Island, Neu Guinea
  • ANNO – am 21.06.1893 in Österreichs Presse.
  • Das k.u.k. Hof-Burgtheater spielt „Der Geigenmacher von Cremona/König Oedipus“, während das k.u.k. Hof-Operntheater vom 1. Juni bis 19. Juli geschlossen bleibt.

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